(31.05.2018, 20:32)Aik schrieb: Ich frage es einfach mal gerade heraus und hoffe auf sachliche Antworten und keine verbalen Vierteilungen:
Können wir uns ein NLZ in Liga 4 noch leisten?
Geht Nachwuchsarbeit nur in einem NLZ?
Wieviel der Vereine, welche in den jeweiligen Nachwuchsligen vor unseren Nachwuchsspieler stehen, haben ein NLZ?
In welchem Verhältnis stehen Aufwand und Nutzen beim Betrieb eines NLZ in der Form des NLZ des RWE FÜR den RWE?
@Georgi Dimitroff hat ja schon einige Probleme gut angesprochen.
Es ist eine Frage der Umsetzung, denke ich.
1) Wer waren unsere Trainer der letzten 10 Jahre, die länger als 2 Monate da waren?
- Emmerling
- Krämer
- Preußer
- Kogler
- Schwarz
- Hörgl
- Baumann
Was schätzt du ein, wie viele von denen, kann/konnte von der persönlichen Einstellung, von der vereinsseitigen Zielstellung, etc. junge Spieler leiten, integrieren und fördern? Da sehe ich nur Schwarz und Preußer, die beide knapp ein 3/4 Jahr Cheftrainer waren. Emmerling und Krämer sind für mich Trainer, die die persönliche Eignung bzw. die Trainerphilosophie nicht hatten/haben. Bei den anderen würde ich die "Ausrede", dass der Aufstieg im Vordergrund stand und man da schwer Nachwuchsspieler integrieren kann, gelten lassen.
Im Endeffekt hatte nur der außergewöhnlich starke 93er Jahrgang konsequent Chancen, sich zu zeigen.
2) Dann hat jede Klasse so ihre Vorteile. In der Bundesliga bist du auf höchtem Niveau, hast deutlich stärkere Gegner, als in der Regionalliga und kannst an höheren Aufgaben besser wachsen. Für talentierte Spieler ist die Spielklasse deutlich attraktiver, als die Regionalliga. Tatsächlich standen wir aber in 75% der Spiele mit dem Rücken an die Wand und haben versucht, irgendwie zu punkten und die Klasse zu halten. Dieser "Druck" ist natürlich nicht leistungsfördernd.
In der Regionalliga kannst du auch mal offensiv spielen, die Spieler werden leistungsgerecht ge- und weniger überfordert. Dafür kannst du die Top-Talente jedoch nicht begeistern.
3) Die Personen im NLZ: Auch hier herrscht Personalnotstand. Für ein NLZ, was wir erwarten/erhoffen, müssten wir ca. 900-1.000t € ausgeben. Dann hättest du Strukturen, um effizient zu arbeiten: ein sportl. Leiter, ein organisatorischer Leiter, ausreichend Trainer, Mannschaftsbetreuer, Physios, Koordinatoren, Athletik- und Torwarttrainer, Scouts, etc. Wir haben aber "nur" 500-750 T€, wodurch Personalunionen benötigt werden, weshalb uns Trainer verlassen, weil sie woanders eben nicht mit Stundenlöhnen von 1-3 € abgefrühstückt werden, etc. Die Trainer haben tw. keine Planungssicherheit - auch schon vor Jahren nicht. Da kam es vor, dass am 30.06. noch nicht klar war, welcher Trainer welche Mannschaft ab 01.07. betreuen wird.
4) Die Spieler: Wer wirklich Talent hat, verlässt RWE, weil die Perspektive nicht ausreichend gut ist. Spätzzünder und Heimatverbundene, wie Möhwald, Bergmann oder Klewin sind da die Ausnahme. Die, die was drauf haben gehen nach Leipzig (Talabidi), Wolfsburg (König), Köln (Rittmüller), etc. oft schon in/nach der U15, meist in/nach der U17.
5) Die Konzepte: regelmäßig gab es neue Konzepte. In den letzten 2 Jahren kamen die Spieler größtenteils aus Thüringen, davor wurde bis nach England und Holland, Tschechien und sonstwohin geschaut. Mit mäßigem Erfolg.
Es gibt sicher noch zig andere Argumente (Trainingsausstattung, Gebreite, Kunstrasenplätze, Weiterbildungsmöglichkeiten für Trainer, Ausbildungsmöglichkeiten für Spieler in verschiedenen Berufen, etc.). Die oberen fünf waren jetzt mal aus der Hüfte geschossen, was mir spontan einfällt.
Zu deiner Frage zurück: Aus meiner Sicht kann sich das lohnen, wenn man den Spielern, die talentiert sind, Chancen gibt und Wege aufzeigt. Meine Maßnahmen wären:
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Durchlässigkeit zur 1. Mannschaft: Dadurch, dass wir "nur noch" Regionalligaanforderungen haben, ist der Schritt für die Spieler nicht mehr so groß. Ich gehe davon aus, dass wir ein Team aufstellen, das halbwegs souverän die Liga halten wird. Dadurch ist es möglich, jungen Spielern Einsatzzeiten zu geben, sich langsam an die Liga gewöhnen zu können und Fehler zu zu lassen. Ja, da werden auch ein paar "Graupen" dabei sein. Aber auch die sind wichtig, damit die Spieler sehen: Es liegt ausschließlich am Spieler selbst, ob er den Sprung schafft, RWE gibt den talentierten Spielern jede Möglichkeit.
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Regelmäßige Testspiele gegen Oberligisten, Trainings mit der 1. Mannschaft: Die Jungs müssen schnellstmöglich an den Männerfußball gewöhnt werden. Die Spiele der Förderkader müssen ausgebaut werden. Es ist gut und richtig, da auch schon U17-Spieler einzubinden, dazu die Ergänzungsspieler der 1. Mannschaft und Spieler der U19.
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Verantwortlichen Koordinator/Leiter NLZ einsetzen: Es muss jemanden geben, der konzeptionell am NLZ arbeiten kann, der die Trainer coached, der Weiterbildungen organisiert, der Datenbanken auswertet, der sich die Trainings anschaut, der die Personalplanung durchführt, der mit dem Chefcoach der sportlichen Leitung berichtet.
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Planungssicherheit: Spätestens im April müssen die Trainer wissen, welches Team sie nächste Saison coachen, welche Spieler dafür ungefähr geplant sind, welche Ziele gestellt werden. Ebenso müssen, sofern es möglich ist, die Spieler rechtzeitig informiert werden, für wen es bei RWE weitergeht und für wen nicht.
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Konsequent bleiben und Geduld haben: Die zu ergreifenden Maßnahmen können nur greifen, wenn man auch mal einen langen Atem hat.
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Nicht für RWE ausbilden: Wir sind nicht Real Madrid. Wir bilden Spieler nicht dafür aus, dass sie bis zum 35. Lebensjahr bei uns spielen. Wir bilden aus, damit wir die Spieler in den Kader der ersten Mannschaft integrieren können und für sie ein Sprungbrett in Liga 1-3 sein zu können. Wir bilden Spieler aus, um durch Transfererlöse zu generieren und von Solidaritätsbeteiligungen zu profitieren.
Auch das ist aus der Hüfte geschossen, was mir jetzt spontan einfliel.
Wenn wir es schaffen, konzeptionell besser zu arbeiten, schaffen wir es auch, die Spieler zu halten, schaffen wir es, "Spätzünder" zu entwickeln, schaffen wir es, unserer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden. Dann schaffen wir es auch, wieder sportlich besser zu werden.