Engelhardt: "In Erfurt kann etwas Großes entstehen"
Wenn die Spieler von Rot-Weiß Erfurt und des VfB Stuttgart II am Samstag (ab 14 Uhr) zum Drittligaduell im Steigerwaldstadion einlaufen, dann werden die meisten Augen auf einen Erfurter Spieler gerichtet sein: Marco Engelhardt. Nach über zehn Jahren kehrt der dreimalige Nationalspieler in "sein Wohnzimmer" zurück.
Der inzwischen 31-Jährige stammt aus der Erfurter Jugend und trug bereits von 1994 bis 2001 das Trikot des zweimaligen DDR-Meisters. Nach seiner Zeit bei den Rot-Weißen ging es für den in Bad Langensalza geborenen Mittelfeldmann steil bergauf: Mit dem Karlsruher SC, dem 1. FC Kaiserslautern und dem 1. FC Nürnberg spielte Engelhardt in der Bundesliga, gewann den DFB-Pokal und reifte in der Ära von Bundestrainer Jürgen Klinsmann zum Nationalspieler.
In der vergangenen Woche unterschrieb der "verlorene Sohn", der ein Jahr lang mit dem Fußball aussetzen musste, einen langfristigen Vertrag bis 2015 bei seinem Stammverein. Vor der Heimpremiere gegen die Stuttgarter U 23 hat der Journalist Dominik Sander im DFB.de-Interview mit Marco Engelhardt über seine Tuberkuloseerkrankung, die Vergangenheit im DFB-Trikot und Ziele mit den Rot-Weißen gesprochen.
DFB.de: Herr Engelhardt, die Erfurter Fans freuen sich auf Sie, Ihr Heimdebüt gegen Stuttgart II wird mit Spannung erwartet. Wie stellen Sie sich Ihre Rückkehr vor?
Marco Engelhardt: Es wird auf jeden Fall eine äußerst emotionale Rückkehr für mich. Die Erfurter Fans und das Steigerwaldstadion sind mir in guter Erinnerung geblieben. Bei meinem letzten Auftritt in Erfurt mit dem 1. FC Kaiserlautern im DFB-Pokal 2005/2006 hatte ich beim 4:2-Erfolg das zwischenzeitliche 3:2 erzielt. Den Treffer haben mir die Erfurter Fans trotzdem nicht übel genommen.
DFB.de: Haben Sie sich privat schon wieder in Erfurt eingelebt?
Engelhardt: Daran arbeite ich, will mit meiner Freundin Katinka so schnell wie möglich von Karlsruhe nach Erfurt umziehen. Da meine Familie und viele Freunde in Erfurt leben, werde ich keine Eingewöhnungszeit benötigen.
DFB.de: Trotz anderer Angebote sind Sie nach elf Jahren an Ihre alte Wirkungsstätte zurückgekehrt. Warum haben Sie sich für einen Wechsel in die 3. Liga entschieden?
Engelhardt: Die Rückkehr hat mich gereizt, es war aber auch eine Herzensentscheidung. Ich kenne das Umfeld und identifiziere mich voll mit dem Verein. Ich sehe in Erfurt hervorragende Möglichkeiten und Perspektiven. Mit dem neuen Stadion kann hier etwas Großes entstehen. Dabei will ich mithelfen.
DFB.de: Sie haben sich langfristig an den Verein gebunden und einen Vertrag bis 2015 unterschrieben. Wie sehen Ihre Ziele für die nächsten Jahre aus?
Engelhardt: Ich will mit Erfurt wieder in die 2. Bundesliga. Das geht aber nicht vom einen auf den anderen Tag, sondern benötigt Zeit. Der Verein und ich haben großen Wert auf die Vertragslaufzeit gelegt, damit ich nach meiner längeren Auszeit erst einmal wieder Fuß fassen und das in mich gesetzte Vertrauen zurückzahlen kann. Ich sehe mich gegenüber dem Verein und den Fans in der Pflicht.
DFB.de: Die 3. Liga ist recht ausgeglichen und viele Vereine haben noch Chancen auf den Aufstieg. Welche Rolle kann Erfurt in diesem Jahr im Aufstiegsrennen spielen?
Engelhardt: Beim aktuellen Tabellenstand ist noch sehr viel möglich. Doch wir werden nur auf uns schauen und müssen daran arbeiten, dass wir vor heimischer Kulisse wieder eine Macht werden. Das wäre eine gute Basis.
DFB.de: Das 1:1 beim SV Werder Bremen II am vergangenen Wochenende war ihr erstes Pflichtspiel nach über einjähriger Zwangspause. Wie haben Sie Ihr Comeback im Erfurter Trikot erlebt?
Engelhardt: Es war ein wunderbares Gefühl, nach der langen Auszeit wieder in einem Pflichtspiel auf dem Platz zu stehen. Ich habe aber auch gemerkt, dass mir noch Koordination und Timing fehlen. Das wird sich aber mit zunehmender Spielpraxis und Fitness legen.
DFB.de: Als ehemaliger Nationalspieler liefen Sie in Bremen vor weniger als 500 Zuschauern auf. Ist die 3. Liga eine große Umstellung für Sie?
Engelhardt:
Ich muss zugeben: Beim Einlaufen hatte ich schon ein weinendes Auge, als ich das große Bremer Weserstadion gesehen habe und wir auf dem Nebenplatz spielen mussten. Entscheidend war aber, dass ich überhaupt wieder spielen konnte. Da war mir der Platz egal. Insgesamt sehe ich die 3. Liga aber als eine sehr gute Spielklasse mit vielen attraktiven Stadien an.
DFB.de: Wie interpretieren Sie Ihre Rolle in der Erfurter Mannschaft?
Engelhardt: Wegen der Rot-Sperre von Olivier Caillas war ich beim 1:1 in Bremen als Linksverteidiger im Einsatz. Langfristig sehr ich mich auf meiner angestammten Position im Mittelfeld, wo ich die Mannschaft führen will.
DFB.de: Rückblick: Noch im vergangen Jahr hatten Sie mit der Tuberkulose-Krankheit, einer Beeinträchtigung der Lunge, zu kämpfen. Wie schwer war diese Zeit für Sie?
Engelhardt: Es war sehr schwierig. Ich war krank, habe mich aber gar nicht so gefühlt und hatte auch keine Schmerzen. Ich musste regelmäßig zum Arzt und habe starke Medikamente bekommen. Deshalb konnte ich nicht Fußball spielen.
DFB.de: Nach Ihrer Zeit in Erfurt waren Sie für den Karlsruher SC, den 1. FC Nürnberg und den 1. FC Kaiserslautern am Ball. Wo hat es Ihnen am besten gefallen?
Engelhardt: Jede Station hat einige schöne Erfahrungen gebracht. Am besten gefallen hat es mir in Karlsruhe, wo ich in sechs Jahren heimisch geworden bin.
DFB.de: Haben Sie in der Vergangenheit die Entwicklung von Rot-Weiß Erfurt verfolgt?
Engelhardt: Selbstverständlich. Der Kontakt ist durch meine vielen Freunde in Erfurt nie abgerissen. Ich habe mich beispielsweise 2004 auch sehr über den Aufstieg der Rot-Weißen in die 2. Bundesliga gefreut. Das würde ich mit dem Verein gerne wiederholen.
DFB.de: Gibt es ein Spiel, an das Sie sich immer besonders gerne erinnern?
Engelhardt: Ich denke immer gerne an den DFB-Pokal-Triumph mit dem 1. FC Nürnberg im Jahr 2007 zurück. Der 3:2-Erfolg nach Verlängerung gegen den VfB Stuttgart war ein turbulentes Spiel. Aus meiner Erfurter Zeit sind mir viele heiße Derbys gegen den FC Carl Zeiss Jena in guter Erinnerung geblieben.
DFB.de: Sie haben aber auch drei Partien für die A-Nationalmannschaft bestritten!
Engelhardt: Davon träumt jeder Fußballer. Für mich kam die Nominierung damals völlig überraschend, weil ich zu diesem Zeitpunkt erst 14 Bundesliga-Spiele absolviert hatte. Wenn man auf dem Platz steht und die Nationalhymne erklingt, ist das schon ein ganz besonderes Gefühl.
DFB.de: Zum Abschluss ein Blick in die Zukunft: Haben Sie sich mit 31 Jahren schon Gedanken über Ihre Karriere nach dem Fußball gemacht?
Engelhardt: Das mache ich schon seit längerem. Ich würde gerne im Fußballgeschäft bleiben. Ein Trainerposten kommt für mich aber eher nicht in Frage
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