Mit wenig Schlaf und etwas Abstand mal zum gestrigen Abend.
Schön, das sich trotzdem eine größere Gruppe RWE-Fans einfand, einige sogar etwas weiter angereist waren, man auch mal ein paar mehr Leute jetzt persönlich kennt.
Rombach, Goss, Kaiser, Ockenfels, Mohren und Traub seitens des Vereines da. Auch ein bischen Pro-RWE-Medienleute, die das eine oder andere Foto und Bericht machten.
Im großen Rathaussaal der erste Schock für Präsidium und anwesende Fans.
Herr Panse von der CDU klärte uns erstmal auf, das heute nicht über das Stadion abgestimmt wird und das alles falsch kommuniziert sei.
Rombach entgleisten ob dieser Bemerkung sämtliche Gesichtszüge.
Danach die Aufklärung - die Stadt hatte 2010 einen Doppelhaushalt 2011/2012 beschlossen. Durch die Kürzungen des Landes Thüringen an die Kommunen vor wenigen Wochen war Erfurt gezwungen, seinen gesamten Haushalt 2012 als Nachtragshaushalt neu zu fassen und abzustimmen. Heisst auf deutsch - wenn der Nachtragshaushalt nicht bewilligt worden wäre, wäre in der Position "Sportstättenbetrieb " keine Einstellung von Mitteln/ Ermächtigung zur Kreditaufnahme für das Stadion erfolgt.
Positiv und froh gestimmt wenige Minuten später alle, als OB Bausewein auftauchte, vom Präsidium das Plakat mit den 20 000 Stimmen bekam und der OB noch einmal bekräftigte, das er sich für das Stadion einsetzt und auch " ein sehr positives Gefühl " hat.
Von Herrn Panse in dem Moment absolute Funkstille. Der OB meinte dann, das es auch die Möglichkeit eines Einzelantrages zum Stadion gibt, wenn der Haushalt durchfällt und er diese Option dann ziehen wird.
Dann alle nochmal Glühwein und Bratwurst, gegen 18 Uhr dann auf die Zuschauertribüne im Sitzungssaal.
Und hier bekamen wir parlamentarische Kost geboten vom Feinsten - stellenweise dachte ich, ein Kindergarten voller bockiger Kinder kann eigentlich nur gemütlicher sein.
In meinen Augen - unabhängig vom Stadion - spielte hier keine sachbezogene Arbeit für die Bürger der Stadt Erfurt eine Rolle, sondern parteipolitische Winkelzüge und Ränke vom Feinsten, blanker Wahlkampf.
Man haute sich gegenseitig Schuldigkeiten um die Ohren, auch in Bezug darauf, wer als Abgeordneter der Stadt auch noch im Landtag sitzt und das ganze Dilemma mitverursacht hat und dort so und hier anders redet.
Der Oberkracher war dann Frau Professor Dr. Assmann von den "Freien Wählern ", bei der man bisweilen den Eindruck hatte, das sie eigentlich nicht weiß, über was sie gerade spricht.
So entrutschte ihr unter anderem der Satz sinngemäß, das für " 4. Liga auch das alte Stadion reicht und die Fans ihren Spaß haben könnten ".
Schallendes Gelächter von den Zuschauertribüne, der Konter von Frau Pelke (SPD; Versammlungsleiterin) : " Da machen sie sich aber keine Freunde bei den RWE-Fans, wenn das mal im Programmheft von RWE auftaucht. Vielleicht sollte sie Herr Rombach mal einladen, damit sie sich einmal alles genau anschauen können." Beifall für Frau Pelke von den Zuschauern.
In der Aussprache zu Anträgen zum Nachtragshaushalt dann deutliche Worte pro neues Stadion seitens der SPD, der LINKEN, etwas versteckt von den Grünen. Klare Ansage vom OB persönlich pro Stadion inclusive einer Neuplanung / Neuausrichtung der gesamten Südeinfahrt Erfurt im Zusammenhang mit dem Stadionumbau unter möglicher Einbeziehung des Lingelgeländes.
Danach unzählige Abstimmungen zu Haushaltspositionen, wo es Änderungsanträge gab. Das hier Parteipolitik eine Rolle spielt, zeigte deutlich das Abstimmungsverhalten von CDU, FDP und Freie Wähler - entweder geschlossen 18 Stimmen für ihre Anträge bzw geschlossen gegen alles von der Koalition mit Begründungen, wo Dir der Hut hochkommt. Teilweise ging das soweit, das sich die FDP-Fraktion fast dauernd der Stimme enthielt und anscheinend gar keine Meinung hatte.
Für ein weiteres Highlight sorgte dann Frau Assmann in der Diskussion ums Sozialticket mit der Bemerkung, das die Hartz-IV-Empfänger ja auch Fahrrad fahren könnten innerhalb der Stadt.
CDU unter Herrn Panse bekannte überhaupt keine Farbe zum Punkt Stadion, lehnte ja auch den Haushalt insgesamt ab ( wobei Herr Panse natürlich nicht vergaß ganz zum Empfang vor der Sitzung gleich noch zu betonen, das eine Entscheidung gegen den Haushalt keine Entscheidung gegen das Stadion sei !!!). Selten so ein Geeiere von einem Kommunalpolitiker erlebt, dem vorher klar war, das er mit seiner Fraktion gegen den Haushalt stimmen wird, anscheinend aber von der RWE-Anwesenheit anfangs sichtlich überrascht war.
Im Übrigen forderte - nach den Unmutsbekundungen gegenüber Frau Assmann bzw dem Beifall für SPD und OB in puncto Stadion von den Zuschauern - Frau Bongart von den Freien Wählern die Versammlungsleiterin Frau Pelke auf, das das doch zu unterbleiben habe von der Zuschauertribüne, das die Hausordnung das doch eigentlich nicht zuliesse, das Zuschauer sich äußern.
Süffisant grinsend und uns zuwinkend bat Frau Pelke dann um Ruhe auf der Zuschauertribüne. Was wir dann auch für den Rest der stundenlangen Sitzung als brave demokratisch gestimmte Bürger beachteten.
Und auch ohne Protest von uns unsere Schals entfernten, die wir während einer Sitzungspause deutlich sichtbar am Geländer der Zuschauertribüne herunterhängen liessen. Das dürfe nicht sein - wurde uns erklärt. Nun gut - also spannten wir sie ins Geländer....lol...ohne weitere Diskussionen. Grinsende Abgeordnete beim Anblick dieser Aktion aus den Reihen der SPD.
Nachdem Herr Schwäblein (CDU) und Herr Beese ( SPD) sich dann als altgediente Abgeordnete noch gefühlte Stunden die gänggigen Modalitäten im Hause erklären liessen und um die Ohren schlugen wegen eines fehlenden Antrages, Herr Panse ( CDU) immer wieder " Auszeiten " nahm, Herr Schwäblein nörgelnd jeden Antrag kommentierte und kleinkariert hinterfragte, Frau Assmann noch ein paar zum Besten gab - war ich dann innerlich soweit, das ich mir den schon lange geplanten Besuch einer Bundestagssitzung sparen werde - Zirkus kannst Du auch prima vor der Haustür haben, das Niveau ist nicht anders.
Zermürbt von dieser Liveshow politischer Arbeit im Dienste des Wahlbürgers hatten einige entnervt aufgegeben und waren bereits gegangen, die Vereinsvertreter gähnten immer häufiger und wurden immer unruhiger, ja - und endlich kreiste der Berg und gebar eine Maus.
Der Haushalt wurde mit Stimmen der SPD, LINKE und Grüne beschlossen, alle anderen waren dagegen - wie immer mit 18 Stimmen.
Das heisst, der Sportstättenbetrieb Erfurt darf jetzt im Jahre 2012 Kredit nehmen für den Eigenanteil der Stadt, damit die Arena umgebaut werden kann.
Vorher sind aber noch Berge an bürokratischem Aufwand zu erledigen.
Die Stadt muss dem Wirtschaftsminister ein förderfähiges Konzept vorlegen - der eigentliche Termin dafür soll der 31.01.2012 sein - natürlich muss diese " Sau " noch durchs Dorf getrieben werden - sprich den Stadtrat.
Dann muss der Förderantrag gestellt werden offiziell - natürlich auch über Stadtrat.
Dann muss der Förderantrag im Landtag behandelt und abgestimmt werden, weil die ja auch Geld beisteuern.
Bei dem gestern erlebten gehe ich von mindestens April/Mai aus, ehe die politischen Ebenen alle passiert sind und das Ding in trockenen Tüchern ist.
Danach ist laut deutschem Recht Ausschreibung der Bauleistung - gezwungenermassen europaweit wegen der EU-Fördermittel. Das ist aber das kleinere Problem, da es nur wenige Unternehmen in Europa gibt, die solch eine Geschichte stemmen können.
Dann kommt die Bauplanung und der Bau.
Also Freunde des gepflegten rotweissen Rasensportes - ab Beginn der neuen Saison könnte gebaut werden, möglicherweise spielen wir dann auf einer Baustelle für eine Saison.
Im Übrigen - wegen der fast nächtlichen Abstimmungszeit dürfte deswegen wohl nichts im Radio gewesen sein.
Allerdings habe ich heute morgen -glaube 08.30 oder 09.00 Uhr - bei Antenne Thüringen in den Nachrichten dazu etwas gehört zum Stadion.
Na dann gute Weihnachtszeit allen die da waren, sich den "A.r.s.c.h." abgefroren haben oder denselben breit gesessen haben und all denen, die in Gedanken dabei waren , aber eben nicht konnten.
Auf gehts RWE - in 2012 wird alles besser .......