Dynamo-Chef Bohne rechnet mit der Insolvenz des Vereins
Im Etat für die nächste Saison klafft eine Lücke von 1,7Millionen Euro.
Herr Bohne, was bedeutet es für Dynamo, dass die Entscheidung vertagt wurde?
Wir waren auf ein solches Szenario vorbereitet, der Deutsche Fußball-Bund ist informiert. Wir werden definitiv am Montag die Unterlagen für die Lizenz abgeben, allerdings mit dem von uns aufgrund der unverhältnismäßig hohen Kosten für das Stadionmit einem Minus von rund 1,7Millionen Euro. Dafür werden wir Bürgschaften bringen müssen, was für den Verein nicht darstellbar ist.
Das heißt, Dynamo geht in die Insolvenz?
Selbst für den Fall, dass der Stadtrat den Zuschuss für die Stadion-Projektgesellschaft um rund 527000 Euro erhöht, wie von der Verwaltung vorgeschlagen, bekommen wir vom Wirtschaftsprüfer keine positive Fortführungsprognose. Deshalb ist es keine Drohkulisse, die wir aufbauen, sondern Realität. Das haben wir seit Monaten deutlich gemacht. Deshalb wundert es mich, dass einige Stadträte überrascht von unseren Zahlen waren.
Wann würden Sie die Insolvenz anmelden?
Das Thema müssen wir mit dem DFB besprechen. Wir würden uns zu gegebener Zeit dazu äußern.
Könnte Dynamo mit dem Kompromissvorschlag leben, den der Sportausschuss separat beschlossen hatte?
Wir hätten ihn in unsere Etat-Planung einbauen und vom Wirtschaftsprüfer bewerten lassen müssen. Das hätten wir sehr gern über das Wochenende gemacht.
Sehen Sie noch einen Ausweg?
Wir müssen mit der demokratischen Entscheidung leben und abwarten, ob sich mit dem Stadtrat noch eine Lösung finden lässt, mit der wir die zu erwartenden drastischen Auflagen des DFB für die nächste Saison erfüllen können.
Gespräch: Sven Geisler
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Entscheidung vertagt – Dynamo muss zittern
Von Bettina Klemm
Die freundliche Rufe der etwa 300 Dynamo-Fans vor der Goldenen Pforte des Rathauses halfen wenig. Die Sportgemeinschaft Dynamo muss weiter um ihre Existenz zittern. Geschäftsführer Stefan Bohne kann am Montag beim Einreichen der Lizenzunterlagen nicht auf einen höheren städtischen Zuschuss für das Stadionverweisen.
Dabei wollten die Stadträte in einer gemeinsamen Sondersitzung von Sport- und Finanzausschuss in letzter Minute noch eine Reglung treffen. Nach mehr als vierstündiger Debatte hatten sich SPD, Linke, Grüne und FDP auf einen Kompromiss für die nächste Spielzeit geeinigt. Der sah alles in allem eine Summe von rund 894000 Euro sowie eine Bürgschaft über 200000 Euro vor. Dynamo wäre verpflichtet worden, weitere 250000 Euro selbst einzusparen.
Die Mitglieder des Sportausschusses stimmten dem mit sechs zu vier Stimmen zu. Doch die Freude der Fans auf der Zuschauertribüne währte nur kurz. Aus Angst vor einer Ablehnung im eigenständigen Finanzausschuss durch die Stadträte von CDU und Bürgerfraktion hatten Linke, SPD und FDP selbst das Thema in den Stadtrat verwiesen. „Sonst wäre die Vorlage im Finanzausschuss endgültig abgelehnt und Dynamo zum Insolvenzrichter geschickt worden“, sagte André Schollbach, Fraktionschef der Linken.
CDU-Stadtrat Lars Kluger gab wiederum den Linken die Schuld. „Wir hätten gern einen Zuschuss von 527761 Euro und die Stundung des Darlehens – das wären weitere 116000Euro – beschlossen. Dann hätte Dynamo wenigstens etwas in der Hand.“ Nun kann der Stadtrat erst am 18.März oder in einer Sondersitzung entscheiden.
Vor der Abstimmung hatte Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) die Stadträte eindringlich auf die angespannte Finanzlage der Stadt hingewiesen. Am 8. März wolle sie den Stadträten Einsparungsvorschläge noch für dieses Jahr unterbreiten. Für die nächsten beiden Jahre müsse Dresden mit einem Defizit von insgesamt 200Millionen Euro rechnen.
Mehr Geld für den Aufstieg?
Dynamo argumentiert damit, dass die Miete für das neue Stadionmit insgesamt 2,1Millionen Euro nicht angemessen sei. Der Verein wollte deshalb einen Zuschuss für die Stadion-Projektgesellschaft in Höhe von 1,5Millionen Euro.
Finanzbürgermeister Hartmut Vorjohann (CDU) machte allerdings eine völlig andere Rechnung auf. Er verwies auf eine Bürgschaft von 40,7MillionenEuro sowie Zusatzkosten von 12,6MillionenEuro. Am Ende war er bereit, rund 528000 Euro zusätzlich zu bewilligen. Das sogar für die nächsten neun Jahre. Unterstützt wurde er von den CDU-Stadträten.
Ebenso ausführlich legte Dynamo-Geschäftsführer Stefan Bohne seine Zahlen vor. Für die meisten Stadträte war es so außerordentlich schwer, sich ein wirkliches Bild zu machen, zumal Dynamo nahezu jährlich um Unterstützung gebeten hatte. „Wir drehen uns im Kreis, ich weiß beim besten Willen nicht, wem ich glauben soll“, stöhnte FDP-Fraktionschef Holger Zastrow.
SPD-Stadtrat Thomas Blümel rechnete vor, dass sich die Finanzlage deutlich besser gestalten würde, wenn Dynamo in die zweite Liga aufsteigen würde. „Wir sollten deshalb sehen, wie viel Geld der Verein braucht, um in absehbarer Zeit aufzusteigen“, schlug er vor. Tilo Kießling von den Linken forderte einen Bürgerentscheid: Braucht Dresden Profifußball?
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