Die Probleme der Roten Bullen
Von Daniel Klein
RB Leipzig verpasst erneut den Aufstieg und muss auch um die Lizenz zittern. Am Geld liegt das natürlich nicht.
Als der Nichtaufstieg durch ein Gegentor in der Nachspielzeit endgültig besiegelt war, wollte ein Journalist von Trainer Peter Pacult wissen, wie denn die Stimmung in der Kabine sei. „Eine dümmere Frage können Sie mir wohl nicht stellen“, polterte der 52-Jährige. „Die trinken Champagner und feiern.“ Nein, die Stimmung ist nicht gut in diesen Tagen bei RB Leipzig. Zum zweiten Mal in Folge verpasste der ambitionierte Klub trotz eines Sieben-Millionen-Etats den Aufstieg, muss eine weitere Ehrenrunde in der Viertklassigkeit drehen. Dabei ist das Ziel die Champions League.
In der kommenden Saison heißen die Gegner wieder Meuselwitz und Havelse – und womöglich sogar Lok Leipzig. Durch die Neuordnung der Regionalligen wird das Aufsteigen nicht leichter. Pacult, so scheint es, darf weiter auf der RB-Bank sitzen. Sein Fazit der Saison: „Neues Trainerteam, halbe neue Mannschaft –ich bin nicht unzufrieden. Auch wenn das ganz Große gefehlt hat.“
Das ganz Große könnte am Sonnabend der Hallesche FC schaffen, der Spitzenreiter empfängt beim Finale ausgerechnet Leipzig. „Wir werden alles versuchen, um nach dem Spiel zufrieden zu sein“, kündigte Pacult an. Eine Aussage, die viel Interpretationsspielraum zulässt. Kämpfen die Roten Bullen nicht mehr um jeden Ball, könnten sie einen lästigen Gegner loswerden und Sympathiepunkte in der Region gewinnen. Davon hat der Verein seit der Übernahme des SSV Markranstädt im Sommer 2009 noch nicht allzu viele gesammelt.
Dass RB Leipzig als eine Filiale des Red-Bull-Imperiums von Dietrich Mateschitz gegründet wurde, um die Marke populärer zu machen und noch mehr Dosen zu verkaufen, ist hinlänglich bekannt. Das Image als Kunstprodukt, Retortenklub und Marketingvehikel klebt so hartnäckig am Verein wie das verschüttete Getränk auf der Haut. Und die Verantwortlichen unternehmen nichts, um es wegzuwischen. Die Verbindung zwischen Energy-Brause und Fußball wird so aufdringlich präsentiert, dass es schon abschreckt.
„Werbung ist unzulässig“
Das fängt beim Logo an. Die Gemeinsamkeiten zwischen Markenlabel und Vereinswappen könnten auffälliger kaum sein. „Da eine Absicht abzustreiten, wäre kindisch“, sagt RB-Sprecher Sharif Shoukry. Doch eigentlich ist diese Ähnlichkeit verboten. In der Satzung des Sächsischen Fußball-Verbandes (SFV) heißt es unter Paragraf 12: „Änderungen, Ergänzungen oder Neugebung von Vereinsnamen und Vereinszeichen zum Zwecke der Werbung sind unzulässig.“ Dennoch genehmigte das SFV-Präsidium mit Zustimmung des DFB vor zwei Jahren das Emblem mit den zwei kämpfenden Bullen vor einem gelben Kreis. Selbst der Schrifttyp von „RB“ entspricht dem Original. Dabei ist dies nicht die erste Version. In der Oberliga-Saison 2009/10 blieb die linke, obere Ecke des Trikots noch leer. Der Klub musste laut SFV nachbessern. Und tat das offensichtlich ganz im eigenen Sinne. Die Ähnlichkeit soll jetzt am größten sein, wird von Insidern erzählt. Der Verband teilte nach einer SZ-Anfrage lediglich schriftlich mit, dass das „derzeit verwendete Vereinszeichen nach den Statuten des SFV zulässig ist“.
Auskünfte über RB einzuholen, ist generell schwierig. Anfragen werden erst nach mehrmaliger Aufforderung und – wenn überhaupt – Wochen später beantwortet. Vor allem wenn es um die Frage geht, inwieweit die Satzung des RasenBallsport Leipzig e.V. mit den Statuten der Fußballverbände vereinbar ist, regiert das Schweigen. Dabei fallen beim Studium der 27Seiten selbst Laien einige Merkwürdigkeiten auf. Etwa, dass es keinen Aufsichtsrat gibt. Oder dass eine Mitgliederversammlung nur auf dem Papier existiert. Oder dass „ausübende“ und „jugendliche Mitglieder“ vom „aktiven und passiven Wahlrecht ausgeschlossen“ sind. Derzeit soll es lediglich neun stimmberechtigte Mitglieder geben, die einen Jahresbeitrag von 800 Euro zahlen müssen. Im Vereinsregister am Amtsgericht Leipzig sind hinter den drei aktuellen Vorständen folgende Orte aufgelistet: Hallein/Österreich, Salzburg, Salzburg. Der Ehrenrat besteht ebenfalls aus drei Personen, alle kommen ebenfalls aus der großen Red-Bull-Familie und ebenfalls aus Österreich – wie Firmenchef Mateschitz. Und Trainer Pacult. Und Pressesprecher Shoukry. Ein bisschen viel Zufall.
Klub als Unternehmensfiliale
Die Satzung verfolgt ganz offensichtlich einzig und allein das Ziel, den Verein wie eine Unternehmensfiliale führen zu können. Außenstehende haben keine Chance, in irgendeiner Form Einfluss zu nehmen. Es soll Fälle gegeben haben, da fragten Fans nach einer ordentlichen Mitgliedschaft, forderten mehr Mitspracherecht. Sie wurden sanft abgewiesen. Doch ist das alles noch rechtmäßig bei einem gemeinnützigen Verein? Und ist es im Sinne der Fußball-Verbände? Der SFV hatte offensichtlich keinerlei Bedenken, als RB noch in der Oberliga kickte. Ob es daran lag, dass die Rasenballer damals auf der vom SFV betriebenen Sportschule „Egidius Braun“ in Abtnaundorf trainierten und eine angemessene Miete zahlten?
Nach dem Aufstieg vor zwei Jahren in die Regionalliga fiel RB in die Zuständigkeit des DFB. Der hatte offensichtlich Bedenken. Seit Oktober 2010 sollen die Gespräche bereits laufen, wird um einen Kompromiss gerungen. Mit am Tisch sitzt Fußballanwalt Christoph Schickhardt, der Dynamo Dresden nach den Ausschreitungen beim Pokalspiel in Dortmund vertrat. Nach Informationen der SZ soll sich der DFB zuletzt geweigert haben, RB die Drittliga-Lizenz zu erteilen, falls die Satzung nicht geändert wird. Dabei geht es vor allem um die geltende „50+1-Regel“, also um die Vorschrift, dass bei einer ausgelagerten Fußballkapitalgesellschaft der Verein die Mehrheit halten muss. Und nicht ein Sponsor oder Konzern. RBLeipzig hat ein Modell gefunden, diese Vorschrift zu umschiffen: Hier dirigiert ein Konzern einen eingetragenen Verein.
„Vielen ist noch gar nicht bewusst, was da gerade passiert“, erklärte Christian Heidel, Manager des FSV Mainz 05, gegenüber dem Magazin „11 Freunde“. Er fürchtet, dass sich demnächst auch ein chinesisches Unternehmen engagieren könnte. „Das ist ein riesengroßes Problem.“ In Leipzig wurde das durch den verpassten Aufstieg um ein Jahr vertagt. Aber was geschieht eigentlich, wenn Mateschitz, der am Sonntag 68 wird, angesichts des Gegenwindes und der ausbleibenden Erfolge die Lust verliert? Oder wenn er zurücktritt? Diesen Tag fürchten sie in Leipzig mehr als einen verpassten Aufstieg.
quelle
Von Daniel Klein
RB Leipzig verpasst erneut den Aufstieg und muss auch um die Lizenz zittern. Am Geld liegt das natürlich nicht.
Als der Nichtaufstieg durch ein Gegentor in der Nachspielzeit endgültig besiegelt war, wollte ein Journalist von Trainer Peter Pacult wissen, wie denn die Stimmung in der Kabine sei. „Eine dümmere Frage können Sie mir wohl nicht stellen“, polterte der 52-Jährige. „Die trinken Champagner und feiern.“ Nein, die Stimmung ist nicht gut in diesen Tagen bei RB Leipzig. Zum zweiten Mal in Folge verpasste der ambitionierte Klub trotz eines Sieben-Millionen-Etats den Aufstieg, muss eine weitere Ehrenrunde in der Viertklassigkeit drehen. Dabei ist das Ziel die Champions League.
In der kommenden Saison heißen die Gegner wieder Meuselwitz und Havelse – und womöglich sogar Lok Leipzig. Durch die Neuordnung der Regionalligen wird das Aufsteigen nicht leichter. Pacult, so scheint es, darf weiter auf der RB-Bank sitzen. Sein Fazit der Saison: „Neues Trainerteam, halbe neue Mannschaft –ich bin nicht unzufrieden. Auch wenn das ganz Große gefehlt hat.“
Das ganz Große könnte am Sonnabend der Hallesche FC schaffen, der Spitzenreiter empfängt beim Finale ausgerechnet Leipzig. „Wir werden alles versuchen, um nach dem Spiel zufrieden zu sein“, kündigte Pacult an. Eine Aussage, die viel Interpretationsspielraum zulässt. Kämpfen die Roten Bullen nicht mehr um jeden Ball, könnten sie einen lästigen Gegner loswerden und Sympathiepunkte in der Region gewinnen. Davon hat der Verein seit der Übernahme des SSV Markranstädt im Sommer 2009 noch nicht allzu viele gesammelt.
Dass RB Leipzig als eine Filiale des Red-Bull-Imperiums von Dietrich Mateschitz gegründet wurde, um die Marke populärer zu machen und noch mehr Dosen zu verkaufen, ist hinlänglich bekannt. Das Image als Kunstprodukt, Retortenklub und Marketingvehikel klebt so hartnäckig am Verein wie das verschüttete Getränk auf der Haut. Und die Verantwortlichen unternehmen nichts, um es wegzuwischen. Die Verbindung zwischen Energy-Brause und Fußball wird so aufdringlich präsentiert, dass es schon abschreckt.
„Werbung ist unzulässig“
Das fängt beim Logo an. Die Gemeinsamkeiten zwischen Markenlabel und Vereinswappen könnten auffälliger kaum sein. „Da eine Absicht abzustreiten, wäre kindisch“, sagt RB-Sprecher Sharif Shoukry. Doch eigentlich ist diese Ähnlichkeit verboten. In der Satzung des Sächsischen Fußball-Verbandes (SFV) heißt es unter Paragraf 12: „Änderungen, Ergänzungen oder Neugebung von Vereinsnamen und Vereinszeichen zum Zwecke der Werbung sind unzulässig.“ Dennoch genehmigte das SFV-Präsidium mit Zustimmung des DFB vor zwei Jahren das Emblem mit den zwei kämpfenden Bullen vor einem gelben Kreis. Selbst der Schrifttyp von „RB“ entspricht dem Original. Dabei ist dies nicht die erste Version. In der Oberliga-Saison 2009/10 blieb die linke, obere Ecke des Trikots noch leer. Der Klub musste laut SFV nachbessern. Und tat das offensichtlich ganz im eigenen Sinne. Die Ähnlichkeit soll jetzt am größten sein, wird von Insidern erzählt. Der Verband teilte nach einer SZ-Anfrage lediglich schriftlich mit, dass das „derzeit verwendete Vereinszeichen nach den Statuten des SFV zulässig ist“.
Auskünfte über RB einzuholen, ist generell schwierig. Anfragen werden erst nach mehrmaliger Aufforderung und – wenn überhaupt – Wochen später beantwortet. Vor allem wenn es um die Frage geht, inwieweit die Satzung des RasenBallsport Leipzig e.V. mit den Statuten der Fußballverbände vereinbar ist, regiert das Schweigen. Dabei fallen beim Studium der 27Seiten selbst Laien einige Merkwürdigkeiten auf. Etwa, dass es keinen Aufsichtsrat gibt. Oder dass eine Mitgliederversammlung nur auf dem Papier existiert. Oder dass „ausübende“ und „jugendliche Mitglieder“ vom „aktiven und passiven Wahlrecht ausgeschlossen“ sind. Derzeit soll es lediglich neun stimmberechtigte Mitglieder geben, die einen Jahresbeitrag von 800 Euro zahlen müssen. Im Vereinsregister am Amtsgericht Leipzig sind hinter den drei aktuellen Vorständen folgende Orte aufgelistet: Hallein/Österreich, Salzburg, Salzburg. Der Ehrenrat besteht ebenfalls aus drei Personen, alle kommen ebenfalls aus der großen Red-Bull-Familie und ebenfalls aus Österreich – wie Firmenchef Mateschitz. Und Trainer Pacult. Und Pressesprecher Shoukry. Ein bisschen viel Zufall.
Klub als Unternehmensfiliale
Die Satzung verfolgt ganz offensichtlich einzig und allein das Ziel, den Verein wie eine Unternehmensfiliale führen zu können. Außenstehende haben keine Chance, in irgendeiner Form Einfluss zu nehmen. Es soll Fälle gegeben haben, da fragten Fans nach einer ordentlichen Mitgliedschaft, forderten mehr Mitspracherecht. Sie wurden sanft abgewiesen. Doch ist das alles noch rechtmäßig bei einem gemeinnützigen Verein? Und ist es im Sinne der Fußball-Verbände? Der SFV hatte offensichtlich keinerlei Bedenken, als RB noch in der Oberliga kickte. Ob es daran lag, dass die Rasenballer damals auf der vom SFV betriebenen Sportschule „Egidius Braun“ in Abtnaundorf trainierten und eine angemessene Miete zahlten?
Nach dem Aufstieg vor zwei Jahren in die Regionalliga fiel RB in die Zuständigkeit des DFB. Der hatte offensichtlich Bedenken. Seit Oktober 2010 sollen die Gespräche bereits laufen, wird um einen Kompromiss gerungen. Mit am Tisch sitzt Fußballanwalt Christoph Schickhardt, der Dynamo Dresden nach den Ausschreitungen beim Pokalspiel in Dortmund vertrat. Nach Informationen der SZ soll sich der DFB zuletzt geweigert haben, RB die Drittliga-Lizenz zu erteilen, falls die Satzung nicht geändert wird. Dabei geht es vor allem um die geltende „50+1-Regel“, also um die Vorschrift, dass bei einer ausgelagerten Fußballkapitalgesellschaft der Verein die Mehrheit halten muss. Und nicht ein Sponsor oder Konzern. RBLeipzig hat ein Modell gefunden, diese Vorschrift zu umschiffen: Hier dirigiert ein Konzern einen eingetragenen Verein.
„Vielen ist noch gar nicht bewusst, was da gerade passiert“, erklärte Christian Heidel, Manager des FSV Mainz 05, gegenüber dem Magazin „11 Freunde“. Er fürchtet, dass sich demnächst auch ein chinesisches Unternehmen engagieren könnte. „Das ist ein riesengroßes Problem.“ In Leipzig wurde das durch den verpassten Aufstieg um ein Jahr vertagt. Aber was geschieht eigentlich, wenn Mateschitz, der am Sonntag 68 wird, angesichts des Gegenwindes und der ausbleibenden Erfolge die Lust verliert? Oder wenn er zurücktritt? Diesen Tag fürchten sie in Leipzig mehr als einen verpassten Aufstieg.
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