TA: Wer ist die Nummer eins im Thüringer Fußball?
Die Präsidenten der Drittligisten vom FC Rot-Weiß und vom FC Carl Zeiss, Rolf Rombach und Rainer Zipfel, sowie die Trainer Stefan Emmerling und Heiko Weber diskutieren vor dem Derby. Erfurter Zusage für Ronny Hebestreit und Jenaer Ärger über fehlendes Sponsoring des Namengebers.
Ist Erfurt oder Jena die Nummer 1 in Thüringen?
Rainer Zipfel: Das wird nicht von dem einen Spiel abhängen. Natürlich haben wir klare Saisonziele wie den Gewinn des Thüringenpokals, aber momentan auch andere Aufgaben.
Rolf Rombach: Wir. Die Nummer 1 ist immer die Mannschaft, die vor der anderen steht. Das waren wir letzte Saison. Nun werden die Würfel neu gerollt. Da zählt nicht der Samstag, sondern die ganze Saison. Wir wollen vor Jena stehen.
Hat Schlaflosigkeit vor dem Derby eingesetzt?
Zipfel: Die Spannung steigt von Tag zu Tag. Ich kann damit gut leben, dass wir zuerst in Erfurt spielen. Keiner weiß, wo er steht. Beide wollen gut starten, und das Zuschauerinteresse ist enorm. Wir haben noch nie so viele Karten so schnell verkauft.
Ist das Spiel bereits im Vorfeld ausverkauft?
Rombach: Wir haben schon 11.000 Karten abgesetzt und sind wohl gefühlt ausverkauft. Ich rechne mit 15.000 Zuschauern, einer tollen Kulisse also.
Unter uns: Wie lautet die jeweilige Anfangsformation?
Heiko Weber: Im Tor wird Berbig stehen . . . Viel schwieriger ist aber, sieben Leuten zu sagen, dass sie nicht im Kader stehen werden. Ich habe übrigens vom Präsidenten eine Liste bekommen. Mal sehen, ob ich ihm jeden Wunsch erfüllen kann.
Stefan Emmerling: Ich habe auch meinen Zettel bekommen (lacht). Aber im Ernst: Ich halte davon nichts. Es kann bis zum Samstag viel passieren. Es wird aber bei beiden Teams nicht so viele Veränderungen geben.
Herr Weber, Sie haben den Top-Transfer gelandet. Wie es ist gelungen, Jan Simak nach Jena zu lotsen? Und genießt er eine Sonderbehandlung?
Weber: Die will er gar nicht. Der Umgang mit ihm ist sehr leicht. Simak ist sehr ruhig. Er weiß, was in der dritten Liga auf ihn zukommen wird. Ich denke, er wird uns vieles zurückzahlen. Er zieht das Niveau im Training nach oben, ist vielen ein Vorbild. Aber ich will nicht alles an Simak festmachen. Momentan herrscht eine kleine Euphorie, die gilt es zu nutzen.
Zipfel: Simak zu holen war nicht so schwierig, wie es sich viele vorstellen. Er hat zu vielen von uns Vertrauen, braucht eine gewisse Ruhe im Umfeld. Die Berater waren sehr vernünftig, wir haben ihn zu sehr guten Konditionen bekommen. Er hätte sicher auch in der 2. Liga spielen können, hatte weitaus höher dotierte Angebote, unter anderem aus Frankfurt. Aber Jena scheint ihm am Herzen zu liegen. Die privaten Gründe waren für ihn entscheidend.
Bei den Dritliga-Vereinen ist eisernes Sparen angesagt. Mit welchem Etat wird in die neue Saison gegangen?
Rombach: Der Gesamtetat für die erste Mannschaft inklusive Trainer- und Funktionsteam beträgt 2,15 Millionen Euro. Wir haben den Etat annähernd um 500 000 Euro gesenkt. Wir mussten das machen.
Emmerling: Für mich ist es wichtig, dass der Verein vernünftig wirtschaftet. Ich will den Spielern nicht irgendwann erklären müssen, warum sie das Geld nicht pünktlich erhalten.
Zipfel: Ich glaube, dass die Vereine in der dritten Liga schnell lernen mussten, dass man nur noch das Geld ausgeben kann, was man hat. Auch wir haben unseren Etat um 500 000 auf 2,2 Millionen Euro senken müssen. Man bekommt heute junge Spieler zu guten Konditionen. Das ist eine Chance, diese Spieler zu holen. Man wird aber nicht herumkommen, von diversen Transfererlösen abhängig zu sein. Das sind Gelder, die für uns wichtig sind.
Hat die dritte Liga auf Dauer überhaupt eine Zukunft?
Rombach: Ja, sportlich wird die Liga immer attraktiver - mit den vielen Traditionsklubs, den Absteigern und Aufsteigern. Trotzdem hat die Liga Probleme. Die Kosten sind immens, es ist eine Profiliga. Man kann gar nicht so viel kürzen. Die Spieler müssen ja auch von etwas leben, haben Familien. Ich halte die dritte Liga finanziell dauerhaft für nicht überlebensfähig.
Zipfel: Wir haben auch keinen, der durch Jena rennt und das Geld rauswirft. Strukturen wie vor drei Jahren, darauf können wir verzichten. Zum Glück sind das Ausnahmen geblieben. Mit der Lizenzierung hatten wir wenig Zeit. Ohne die Hilfe unserer Sponsoren wäre uns das nicht geglückt. Ich halte nichts davon, das Geld über Banken mit hohen Zinsen zu holen. Es ist besser, wenn man Sponsoren hat, die einen solide unterstützen. Wir haben einen breiten Pool von etwa 150 Sponsoren .
Rombach: Wir haben einmal versucht, gemeinsam mit anderen Drittligisten die Finanzprobleme zu erörtern. Übereinstimmend wurde gesagt: die dritte Liga macht Probleme. Es gibt Ausnahmen - Vereine, die extrem ausgabewillige Sponsoren haben, wie Wehen. Es kann aber nicht sein, dass die Abstiegsfrage nur noch wirtschaftlich geklärt wird. Es liegt nicht an den Fernsehgeldern. Ich glaube, dass man noch gute Finanzierungsquellen sichern kann. Wir geben nicht auf, werden neue Denkanstöße geben.
Bei allem Verständnis für Geldprobleme: Aber muss man mit Fußballern Mitleid haben? Geht es ihnen finanziell nicht schon zu gut?
Emmerling: Bei uns nicht. Ich kann mir vorstellen, dass der eine oder andere bei seinem Klub Zweitliga-Gehälter bekommt. Ich denke aber auch nicht, dass die Spieler bei uns einen Hungerlohn kriegen. Zudem können sie sich über gute Spiele zusätzliche Einnahmen sichern.
Herr Weber, Sie haben nur bis Juni 2012 Vertrag. Ist das bei der Planung ein Nachteil?
Weber: Lange Verträge, das ist ja nicht nur im Fußball so, haben heute nur noch wenig Gültigkeit. Wir hatten in Jena zuletzt viele Trainer in kurzer Zeit; zehn in vier Jahren. Ich wünsche mir, dass wir den Weg von Erfurt einschlagen, mehr Kontinuität reinbringen. Wenn es gut läuft, setze ich mich mit Herrn Zipfel Weihnachten bei einer Gänsekeule hin und bespreche das. Entweder heißt es dann, verschwinde, oder wir machen das jetzt länger weiter.
Herr Zipfel, warum sind Sie nach dem Ende 2008 wieder Präsident geworden? Ist es Besessenheit, Machtstreben?
Zipfel: Von allem etwas, auf jeden Fall fließt viel Herzblut. Bei allen Enttäuschungen: Wenn man so eine Entscheidung noch einmal herbeiführen muss, sieht man mehr die positiven Seiten. Fußball ist - vorsichtig gesagt - eine Droge. Man muss schon ein wenig bekloppt sein. Es macht Freude, es macht Spaß. Ich hoffe, dass ich mit meinem Team noch mal so tolle Tage erleben kann. Wir backen gerne kleine Brötchen, irgendwann sollen es größere sein. Mit Heiko habe ich schon einmal zusammengearbeitet, mit den beiden Aufstiegen schöne Zeiten erlebt. Aber über die weitere Zukunft wollen wir jetzt erst mal nicht herumspinnen.
Gab es wirklich ernsthafte Überlegungen der Vereine, ein gemeinsames Stadion in Nähe von Weimar zu bauen?
Rombach: Das war ganz am Anfang meiner Präsidentenzeit eine Überlegung. Da war ich noch naiv. Deshalb habe ich sie schnell verworfen. Der Spatenstich für unser neues Stadion soll im Sommer 2012 erfolgen, mit einer Kapazität von 22.000 Zuschauern; 8000 davon auf der Haupttribüne, jeweils 5000 in den Kurven - alles überdacht.
Zipfel: Wir reden hier von einer polyvalenten Arena. Noch sind viele Hausaufgaben zu machen, doch wir wären schlecht beraten, jetzt als Verein daran zu zweifeln. Wir hoffen, dass der Zeitplan eingehalten wird. Aber es gibt so viele Faktoren, auf die wir keinen Einfluss haben. Wir hatten ein Gespräch mit dem Wirtschaftsminister. Was von den Ideen einfließt, wird sich noch entscheiden.
Rombach: Rainer, ich war ja bei mehreren Gesprächen dabei und habe nicht den geringsten Zweifel, dass unser Stadion nächstes Jahr umgebaut wird. In unserer Runde saßen auch andere Leute aus politischen Institutionen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das noch scheitert. Dann würde sich die Politik mächtig blamieren.
Kann ein modernes Stadion zusätzliche Punkte bringen?
Emmerling: Ich glaube schon. Wir haben das ja an Dynamo Dresden gesehen. Die eigene Mannschaft kann sich mit der Nähe des Publikums pushen, noch mal Kräfte sammeln.
Wurden schon die Rechte für den Namen des Steigerwaldstadions vergeben?
Rombach: Nein. Wir suchen mit der Stadt einen Namen. Das Stadion wird in der Bauphase oft genannt, das ist für Sponsoren interessant. Wir wollen einen finden, der mindestens 200.000 Euro pro Saison zahlt.
Herr Emmerling hat es Sie genervt, dass Ihre Vertragsverlängerung so lange dauerte?
Emmerling: Nein, das war ja so abgesprochen. Das ist nunmal so, dass einer die Marschroute vorgibt. Wenn sich dann alle daran halten, ist das okay.
Herr Weber, Sie waren schon mal bis 2007 Trainer. Wie haben Sie sich verändert? Und würden Sie noch einmal als Sportdirektor arbeiten?
Weber: Sportlicher Leiter - das ist nicht meine Sache. Das ist zu langweilig, nur im Büro zu sitzen und aus dem Fenster auf den Trainingsplatz zu schauen. Ich war dann ehrlich und habe gesagt, dass ich Trainer sein will. Dort hatte ich meine größten Erfolge, das kann ich am besten. Es ist mit der schönste Job, auch wenn die Spieler immer unangenehmer werden und jeder einen Berater hat. Man kann nie voraussehen, was passiert. Aber die Erlebnisse mit der Mannschaft, wie man zusammenwächst, das ist schon toll. Wie ich mich verändert habe? Es sind ein paar Falten mehr geworden. . . Ich bin aber ruhiger geworden. Die Erfahrungen im Erzgebirge, wo meine Art gar nicht gut ankam, waren wichtig.
Jena hat kürzlich ein Benefizspielspiel gegen die Bayern veranstaltet? Wie kam es dazu und wo sind die ganzen DFB-Pokal-Millionen von 2008 hin?
Zipfel: Das frühere Präsidium hatte alle Vereine angeschrieben und um Hilfe gebeten, zwei haben sich gemeldet: Frankfurt und Bayern. Wir hatten durch die Lizenzierung viel Druck. Wir haben Bayern gebeten, einen festen Termin zu finden, damit wir planen können. Glücklicherweise ging das alles sehr schnell. Ich kann mich da immer wieder nur bedanken. Das war ein sehr kollegiales Verhältnis, eine gute Zusammenarbeit. Es war ein toller Erfolg. Und zu den Pokaleinnahmen? In den letzten drei Jahren wurde einfach zu sehr über die Verhältnisse gelebt. Irgendwann ist auch ein dickes Plus auf dem Konto weg. Wir hatten eine siebenstellige Summe drauf, dann stand plötzlich ein minus davor. Das meiste Geld wurde für Spielergehälter ausgegeben. Geld, das man eigentlich gar nicht mehr hatte.
Herr Emmerling, Sie hatten Bremen als Gegner. Wünscht man sich Bundesligisten in der Vorbereitung?Oder lenkt das nur ab?
Emmerling: In solchen Duellen werden Fehler gnadenlos aufgezeigt. Jeder Trainer wünscht sich Mannschaften, die einen fordern.
Die zweite Liga ist das Ziel. Kann sich Thüringen zwei Zweitligisten leisten?
Rombach: Davon bin ich felsenfest überzeugt.
Der Jenaer Verein trägt Carl Zeiss im Namen, aber wieviel Geld fließt genau vom Unternehmen?
Zipfel: Von Carl Zeiss gibt es keine Unterstützung. Wir werden das alte Thema sicher wieder aufleben lassen, aber es ist lange her. Wir werden nicht aufgeben, das Gespräch suchen. Vielleicht ändert sich etwas. In der Vorstandsetage gab es einige Veränderungen. Und eventuell auch ein Umdenken. Bislang wollte Carl Zeiss nur im kulturellen Bereich etwas machen und nicht im Profifußball.
Herr Rombach, haben Sie es schon mal bereut, Rot-Weiß-Präsident geworden zu sein?
Rombach: Nein. Ich bin jetzt seit sechs Jahren dabei. Manche Fans glauben, wir vom Präsidium wären die bestbezahlten Leute im Verein. Unvorstellbar. Wir zahlen ja noch eine ganze Menge rein. Es gab aber auch Momente, wenn die Familie verbal angegriffen wurde und anonyme Briefe kamen, da fragt man sich, ob sich das noch lohnt. Aber Rainer Zipfel hat das schon richtig gesagt. Ein bisschen ist Fußball wie eine Droge, mit allen Freuden und Leiden. Ich bereue es nicht, das Amt angetreten zu haben. Ich bin sogar abergläubisch geworden. Ich gehe jetzt immer joggen vor jedem Heimspiel, weil wir mal gewonnen haben. Und ich habe immer einen Glücksbringer dabei.
Wie steht es um die Versprechungen an den ehemaligen Kapitän Ronny Hebestreit?
Rombach: Wir werden mit ihm noch ein Gespräch führen. Wir finden es aber nicht gut, wenn solche Gespräche über die Presse geführt werden. Wir sind aber offen für ihn und würden ihn gerne zu einem Gespräch über seine Zukunft einladen.
Was wünschen Sie sich für Samstag außer einem guten Ergebnis?
Rombach: Dass es zu keinen Ausschreitungen kommt.
Zipfel: Ich natürlich auch.
Dokumentation Thomas Rudolph / 21.07.11 / tag
Quelle: http://www.thueringer-allgemeine.de
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TA: Beidseitiger Respekt
Gerald Müller schreibt vor dem Thüringenderby zwischen Rot-Weiß Erfurt und Carl Zeiss Jena über vier Männer und ein Anliegen.
Es ist sicherlich nicht davon auszugehen, dass sich Rainer Zipfel, Rolf Rombach, Heiko Weber und Stefan Emmerling künftig zum wöchentlichen Stammtisch oder zum Sonntagsbrunch in geselliger Runde treffen. Doch von Feindschaft war beim TA-Talk nichts zu spüren, auch wenn es wohl keine neuen Freundschaften geben wird.
Die vier Männer aus Erfurt und Jena hatten in Weimar ein Anliegen: Sich gegenseitig Respekt zu bekunden. Sie traten für Fairness im Umgang ein und mühten sich bei aller Rivalität, die Stimmung vor dem Thüringenderby keinesfalls explodieren zu lassen. Die zwei Präsidenten und die zwei Trainer schüttelten sich die Hände, diskutierten lebendig, argumentierten gegeneinander, lachten gemeinsam und tranken zusammen ein Bier.
Vielleicht hat der Dialog auf neutralem Boden ja dazu beigetragen, dass sich die Atmosphäre zwischen dem FC Rot-Weiß und dem FC Carl Zeiss mehr denn je auf einer sachlichen Ebene befindet. Die würde sogar die Möglichkeit lassen, bei bestimmten Projekten künftig zusammenzuarbeiten, schließlich sind die Probleme - wie Stadionbau, Finanzen, Nachwuchs, Fan-Betreuung - ja auch identisch.
Und wenn die Vereinsoberen einen anständigen Umgang miteinander pflegen, dann kann das auch positive Auswirkungen auf die große Anhängerschaft haben. Es geht nicht darum, die Fan-Lager zu vereinen. Nein, Emotionen und Konkurrenz gehören zum Sport, auch außerhalb der Arenen. Doch eben nicht Beleidigungen - und sogar Randale.
Während die Voraussagen für das Derby erwartungsgemäß unterschiedlich ausgefallen sind, waren sich in dieser wichtigen Frage alle einig: Und das über den ersten Drittliga-Spieltag am Samstag hinaus.
Gerald Müller / 22.07.11 / TA
Quelle: http://www.thueringer-allgemeine.de
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TA: NOFV-Präsident tippt bei Thüringen-Derby auf Rot-Weiß-Sieg
NOFV-Präsident Rainer Milkoreit sieht mit dem Sparkurs bei Rot-Weiß und Jena die richtige Tendenz und tippt auf einen Rot-Weiß-Sieg beim Thüringen-Derby am Samstag.
Wer ist die Nummer 1 im Thüringer Fußball? Der FC Rot-Weiß oder Jena?
Nach der letzten Saison muss man sagen, dass Erfurt einen kleinen Vorteil hat. Aber das ist eine Momentaufnahme und kann sich schnell ändern.
Kann sich Thüringen zwei Drittligisten oder bei angestrebtem und gelungenem Aufstieg sogar zwei Zweitligisten im Profifußball leisten?
Ja, auch wenn die Rivalität zweifellos sehr extrem ist. Doch die Vereine sind in zwei Städten beheimatet mit einer großen Wirtschaftskraft, wobei Jena dabei sogar noch stärker erscheint. Doch ein Klub aus der Landeshauptstadt muss den Anspruch haben, im bezahlten Fußball vertreten zu sein.
Beide Klubs haben das Ziel, demnächst in die 2. Liga aufzusteigen. Welche Fehler müssen dafür vermieden werden?
Man darf sich ökonomisch nicht übernehmen - bei allen Problemen, die ein längerer Aufenthalt in der 3. Liga durchaus bringen könnte. Die Finanzen müssen stimmen, man sollte in einem gut funktionierenden Gesamtgefüge solide wirtschaften und beim Streben nach Erfolg nicht auf das Glück vertrauen. Und es ist sicher ratsam, auf junge, hungrige Spieler zu setzen. Der Nachwuchsarbeit muss deshalb viel Raum und Zeit gewidmet werden.
Sie sind auch Vizepräsident des DFB. Was kann der mächtige und reiche Verband tun, um die Drittliga-Vereine, die fast durchgängig über die Finanzlage klagen, zu helfen?
Ich denke, das ist ziemlich ausgereizt. Die Vereine bekommen ja immerhin rund 800.000 Euro an Fernsehgeldern.
Die Zweitliga-Vereine erhalten über vier Millionen.
Aber sie sind unter dem Dach der Deutschen Fußball-Liga reine Profi-Klubs. Die Drittliga-Vereine haben noch mehr eine Selbstverantwortung. Deshalb finde ich die Tendenz in Erfurt und Jena richtig: den Etat abspecken und sich nur das leisten, was man kann.
Wie wichtig sind denn für Erfurt und Jena die geplanten neuen Stadien beim angestrebten Weg nach oben?
Sie sind ein enormer Anreiz, erst recht, wenn man schon zehn Jahre darauf gehofft und gewartet hat. Sie können auf jeden Fall motivierend wirken und über den Sport hinaus neue Möglichkeiten bieten. Andererserseits sind Neubauten noch keine Garantie für sportlichen Erfolg. Das haben die Beispiele von Leipzig oder Magdeburg hinreichend gezeigt.
Sowohl Erfurt als auch Jena haben in der Vergangenheit immer wieder mit Fan-Ausschreitungen zu kämpfen gehabt. Können neue Arenen dem entgegenwirken?
Es ist dann bestimmt leichter, diese Problematik in den Griff zu kriegen. Doch die teilweise schlimmen Auswüchse der Szene spielen sich ja immer mehr auch außerhalb der Stadien ab. Die Verantwortlichen der Vereine müssen versuchen, noch mehr als früher, auf die Fans zuzugehen und den Dialog mit ihnen zu suchen.
Fünf Klubs aus dem Osten spielen in der aktuellen Saison in der zweiten Bundesliga. Ist das Tal der Tränen durchschritten?
Als ich vor einem Dreivierteljahr als Präsident des Nordostdeutschen Fußballverbandes angetreten bin, wurden Untergangsszenarien beschworen. Jetzt sieht das alles ganz anders aus. Doch auch das ist nur eine Momentaufnahme. Fest steht aber: Der Ost-Fußball lebt und er ist unverzichtbar für gutklassigen Fußball in Deutschland.
Für wen schlägt persönlich Ihr Herz in Thüringen? Für Erfurt oder Jena?
Ich leide und jubele mit beiden gleichermaßen.
Wer gewinnt das ThüringenDerby am Samstag?
Ich tippe 2:1.
Und wer steht am Ende der Saison vorn?
Ich glaube schon, dass Rot-Weiß derzeit die etwas besseren Voraussetzungen hat.
22.07.11 / TA
Quelle: http://www.thueringer-allgemeine.de
Die Präsidenten der Drittligisten vom FC Rot-Weiß und vom FC Carl Zeiss, Rolf Rombach und Rainer Zipfel, sowie die Trainer Stefan Emmerling und Heiko Weber diskutieren vor dem Derby. Erfurter Zusage für Ronny Hebestreit und Jenaer Ärger über fehlendes Sponsoring des Namengebers.
Ist Erfurt oder Jena die Nummer 1 in Thüringen?
Rainer Zipfel: Das wird nicht von dem einen Spiel abhängen. Natürlich haben wir klare Saisonziele wie den Gewinn des Thüringenpokals, aber momentan auch andere Aufgaben.
Rolf Rombach: Wir. Die Nummer 1 ist immer die Mannschaft, die vor der anderen steht. Das waren wir letzte Saison. Nun werden die Würfel neu gerollt. Da zählt nicht der Samstag, sondern die ganze Saison. Wir wollen vor Jena stehen.
Hat Schlaflosigkeit vor dem Derby eingesetzt?
Zipfel: Die Spannung steigt von Tag zu Tag. Ich kann damit gut leben, dass wir zuerst in Erfurt spielen. Keiner weiß, wo er steht. Beide wollen gut starten, und das Zuschauerinteresse ist enorm. Wir haben noch nie so viele Karten so schnell verkauft.
Ist das Spiel bereits im Vorfeld ausverkauft?
Rombach: Wir haben schon 11.000 Karten abgesetzt und sind wohl gefühlt ausverkauft. Ich rechne mit 15.000 Zuschauern, einer tollen Kulisse also.
Unter uns: Wie lautet die jeweilige Anfangsformation?
Heiko Weber: Im Tor wird Berbig stehen . . . Viel schwieriger ist aber, sieben Leuten zu sagen, dass sie nicht im Kader stehen werden. Ich habe übrigens vom Präsidenten eine Liste bekommen. Mal sehen, ob ich ihm jeden Wunsch erfüllen kann.
Stefan Emmerling: Ich habe auch meinen Zettel bekommen (lacht). Aber im Ernst: Ich halte davon nichts. Es kann bis zum Samstag viel passieren. Es wird aber bei beiden Teams nicht so viele Veränderungen geben.
Herr Weber, Sie haben den Top-Transfer gelandet. Wie es ist gelungen, Jan Simak nach Jena zu lotsen? Und genießt er eine Sonderbehandlung?
Weber: Die will er gar nicht. Der Umgang mit ihm ist sehr leicht. Simak ist sehr ruhig. Er weiß, was in der dritten Liga auf ihn zukommen wird. Ich denke, er wird uns vieles zurückzahlen. Er zieht das Niveau im Training nach oben, ist vielen ein Vorbild. Aber ich will nicht alles an Simak festmachen. Momentan herrscht eine kleine Euphorie, die gilt es zu nutzen.
Zipfel: Simak zu holen war nicht so schwierig, wie es sich viele vorstellen. Er hat zu vielen von uns Vertrauen, braucht eine gewisse Ruhe im Umfeld. Die Berater waren sehr vernünftig, wir haben ihn zu sehr guten Konditionen bekommen. Er hätte sicher auch in der 2. Liga spielen können, hatte weitaus höher dotierte Angebote, unter anderem aus Frankfurt. Aber Jena scheint ihm am Herzen zu liegen. Die privaten Gründe waren für ihn entscheidend.
Bei den Dritliga-Vereinen ist eisernes Sparen angesagt. Mit welchem Etat wird in die neue Saison gegangen?
Rombach: Der Gesamtetat für die erste Mannschaft inklusive Trainer- und Funktionsteam beträgt 2,15 Millionen Euro. Wir haben den Etat annähernd um 500 000 Euro gesenkt. Wir mussten das machen.
Emmerling: Für mich ist es wichtig, dass der Verein vernünftig wirtschaftet. Ich will den Spielern nicht irgendwann erklären müssen, warum sie das Geld nicht pünktlich erhalten.
Zipfel: Ich glaube, dass die Vereine in der dritten Liga schnell lernen mussten, dass man nur noch das Geld ausgeben kann, was man hat. Auch wir haben unseren Etat um 500 000 auf 2,2 Millionen Euro senken müssen. Man bekommt heute junge Spieler zu guten Konditionen. Das ist eine Chance, diese Spieler zu holen. Man wird aber nicht herumkommen, von diversen Transfererlösen abhängig zu sein. Das sind Gelder, die für uns wichtig sind.
Hat die dritte Liga auf Dauer überhaupt eine Zukunft?
Rombach: Ja, sportlich wird die Liga immer attraktiver - mit den vielen Traditionsklubs, den Absteigern und Aufsteigern. Trotzdem hat die Liga Probleme. Die Kosten sind immens, es ist eine Profiliga. Man kann gar nicht so viel kürzen. Die Spieler müssen ja auch von etwas leben, haben Familien. Ich halte die dritte Liga finanziell dauerhaft für nicht überlebensfähig.
Zipfel: Wir haben auch keinen, der durch Jena rennt und das Geld rauswirft. Strukturen wie vor drei Jahren, darauf können wir verzichten. Zum Glück sind das Ausnahmen geblieben. Mit der Lizenzierung hatten wir wenig Zeit. Ohne die Hilfe unserer Sponsoren wäre uns das nicht geglückt. Ich halte nichts davon, das Geld über Banken mit hohen Zinsen zu holen. Es ist besser, wenn man Sponsoren hat, die einen solide unterstützen. Wir haben einen breiten Pool von etwa 150 Sponsoren .
Rombach: Wir haben einmal versucht, gemeinsam mit anderen Drittligisten die Finanzprobleme zu erörtern. Übereinstimmend wurde gesagt: die dritte Liga macht Probleme. Es gibt Ausnahmen - Vereine, die extrem ausgabewillige Sponsoren haben, wie Wehen. Es kann aber nicht sein, dass die Abstiegsfrage nur noch wirtschaftlich geklärt wird. Es liegt nicht an den Fernsehgeldern. Ich glaube, dass man noch gute Finanzierungsquellen sichern kann. Wir geben nicht auf, werden neue Denkanstöße geben.
Bei allem Verständnis für Geldprobleme: Aber muss man mit Fußballern Mitleid haben? Geht es ihnen finanziell nicht schon zu gut?
Emmerling: Bei uns nicht. Ich kann mir vorstellen, dass der eine oder andere bei seinem Klub Zweitliga-Gehälter bekommt. Ich denke aber auch nicht, dass die Spieler bei uns einen Hungerlohn kriegen. Zudem können sie sich über gute Spiele zusätzliche Einnahmen sichern.
Herr Weber, Sie haben nur bis Juni 2012 Vertrag. Ist das bei der Planung ein Nachteil?
Weber: Lange Verträge, das ist ja nicht nur im Fußball so, haben heute nur noch wenig Gültigkeit. Wir hatten in Jena zuletzt viele Trainer in kurzer Zeit; zehn in vier Jahren. Ich wünsche mir, dass wir den Weg von Erfurt einschlagen, mehr Kontinuität reinbringen. Wenn es gut läuft, setze ich mich mit Herrn Zipfel Weihnachten bei einer Gänsekeule hin und bespreche das. Entweder heißt es dann, verschwinde, oder wir machen das jetzt länger weiter.
Herr Zipfel, warum sind Sie nach dem Ende 2008 wieder Präsident geworden? Ist es Besessenheit, Machtstreben?
Zipfel: Von allem etwas, auf jeden Fall fließt viel Herzblut. Bei allen Enttäuschungen: Wenn man so eine Entscheidung noch einmal herbeiführen muss, sieht man mehr die positiven Seiten. Fußball ist - vorsichtig gesagt - eine Droge. Man muss schon ein wenig bekloppt sein. Es macht Freude, es macht Spaß. Ich hoffe, dass ich mit meinem Team noch mal so tolle Tage erleben kann. Wir backen gerne kleine Brötchen, irgendwann sollen es größere sein. Mit Heiko habe ich schon einmal zusammengearbeitet, mit den beiden Aufstiegen schöne Zeiten erlebt. Aber über die weitere Zukunft wollen wir jetzt erst mal nicht herumspinnen.
Gab es wirklich ernsthafte Überlegungen der Vereine, ein gemeinsames Stadion in Nähe von Weimar zu bauen?
Rombach: Das war ganz am Anfang meiner Präsidentenzeit eine Überlegung. Da war ich noch naiv. Deshalb habe ich sie schnell verworfen. Der Spatenstich für unser neues Stadion soll im Sommer 2012 erfolgen, mit einer Kapazität von 22.000 Zuschauern; 8000 davon auf der Haupttribüne, jeweils 5000 in den Kurven - alles überdacht.
Zipfel: Wir reden hier von einer polyvalenten Arena. Noch sind viele Hausaufgaben zu machen, doch wir wären schlecht beraten, jetzt als Verein daran zu zweifeln. Wir hoffen, dass der Zeitplan eingehalten wird. Aber es gibt so viele Faktoren, auf die wir keinen Einfluss haben. Wir hatten ein Gespräch mit dem Wirtschaftsminister. Was von den Ideen einfließt, wird sich noch entscheiden.
Rombach: Rainer, ich war ja bei mehreren Gesprächen dabei und habe nicht den geringsten Zweifel, dass unser Stadion nächstes Jahr umgebaut wird. In unserer Runde saßen auch andere Leute aus politischen Institutionen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das noch scheitert. Dann würde sich die Politik mächtig blamieren.
Kann ein modernes Stadion zusätzliche Punkte bringen?
Emmerling: Ich glaube schon. Wir haben das ja an Dynamo Dresden gesehen. Die eigene Mannschaft kann sich mit der Nähe des Publikums pushen, noch mal Kräfte sammeln.
Wurden schon die Rechte für den Namen des Steigerwaldstadions vergeben?
Rombach: Nein. Wir suchen mit der Stadt einen Namen. Das Stadion wird in der Bauphase oft genannt, das ist für Sponsoren interessant. Wir wollen einen finden, der mindestens 200.000 Euro pro Saison zahlt.
Herr Emmerling hat es Sie genervt, dass Ihre Vertragsverlängerung so lange dauerte?
Emmerling: Nein, das war ja so abgesprochen. Das ist nunmal so, dass einer die Marschroute vorgibt. Wenn sich dann alle daran halten, ist das okay.
Herr Weber, Sie waren schon mal bis 2007 Trainer. Wie haben Sie sich verändert? Und würden Sie noch einmal als Sportdirektor arbeiten?
Weber: Sportlicher Leiter - das ist nicht meine Sache. Das ist zu langweilig, nur im Büro zu sitzen und aus dem Fenster auf den Trainingsplatz zu schauen. Ich war dann ehrlich und habe gesagt, dass ich Trainer sein will. Dort hatte ich meine größten Erfolge, das kann ich am besten. Es ist mit der schönste Job, auch wenn die Spieler immer unangenehmer werden und jeder einen Berater hat. Man kann nie voraussehen, was passiert. Aber die Erlebnisse mit der Mannschaft, wie man zusammenwächst, das ist schon toll. Wie ich mich verändert habe? Es sind ein paar Falten mehr geworden. . . Ich bin aber ruhiger geworden. Die Erfahrungen im Erzgebirge, wo meine Art gar nicht gut ankam, waren wichtig.
Jena hat kürzlich ein Benefizspielspiel gegen die Bayern veranstaltet? Wie kam es dazu und wo sind die ganzen DFB-Pokal-Millionen von 2008 hin?
Zipfel: Das frühere Präsidium hatte alle Vereine angeschrieben und um Hilfe gebeten, zwei haben sich gemeldet: Frankfurt und Bayern. Wir hatten durch die Lizenzierung viel Druck. Wir haben Bayern gebeten, einen festen Termin zu finden, damit wir planen können. Glücklicherweise ging das alles sehr schnell. Ich kann mich da immer wieder nur bedanken. Das war ein sehr kollegiales Verhältnis, eine gute Zusammenarbeit. Es war ein toller Erfolg. Und zu den Pokaleinnahmen? In den letzten drei Jahren wurde einfach zu sehr über die Verhältnisse gelebt. Irgendwann ist auch ein dickes Plus auf dem Konto weg. Wir hatten eine siebenstellige Summe drauf, dann stand plötzlich ein minus davor. Das meiste Geld wurde für Spielergehälter ausgegeben. Geld, das man eigentlich gar nicht mehr hatte.
Herr Emmerling, Sie hatten Bremen als Gegner. Wünscht man sich Bundesligisten in der Vorbereitung?Oder lenkt das nur ab?
Emmerling: In solchen Duellen werden Fehler gnadenlos aufgezeigt. Jeder Trainer wünscht sich Mannschaften, die einen fordern.
Die zweite Liga ist das Ziel. Kann sich Thüringen zwei Zweitligisten leisten?
Rombach: Davon bin ich felsenfest überzeugt.
Der Jenaer Verein trägt Carl Zeiss im Namen, aber wieviel Geld fließt genau vom Unternehmen?
Zipfel: Von Carl Zeiss gibt es keine Unterstützung. Wir werden das alte Thema sicher wieder aufleben lassen, aber es ist lange her. Wir werden nicht aufgeben, das Gespräch suchen. Vielleicht ändert sich etwas. In der Vorstandsetage gab es einige Veränderungen. Und eventuell auch ein Umdenken. Bislang wollte Carl Zeiss nur im kulturellen Bereich etwas machen und nicht im Profifußball.
Herr Rombach, haben Sie es schon mal bereut, Rot-Weiß-Präsident geworden zu sein?
Rombach: Nein. Ich bin jetzt seit sechs Jahren dabei. Manche Fans glauben, wir vom Präsidium wären die bestbezahlten Leute im Verein. Unvorstellbar. Wir zahlen ja noch eine ganze Menge rein. Es gab aber auch Momente, wenn die Familie verbal angegriffen wurde und anonyme Briefe kamen, da fragt man sich, ob sich das noch lohnt. Aber Rainer Zipfel hat das schon richtig gesagt. Ein bisschen ist Fußball wie eine Droge, mit allen Freuden und Leiden. Ich bereue es nicht, das Amt angetreten zu haben. Ich bin sogar abergläubisch geworden. Ich gehe jetzt immer joggen vor jedem Heimspiel, weil wir mal gewonnen haben. Und ich habe immer einen Glücksbringer dabei.
Wie steht es um die Versprechungen an den ehemaligen Kapitän Ronny Hebestreit?
Rombach: Wir werden mit ihm noch ein Gespräch führen. Wir finden es aber nicht gut, wenn solche Gespräche über die Presse geführt werden. Wir sind aber offen für ihn und würden ihn gerne zu einem Gespräch über seine Zukunft einladen.
Was wünschen Sie sich für Samstag außer einem guten Ergebnis?
Rombach: Dass es zu keinen Ausschreitungen kommt.
Zipfel: Ich natürlich auch.
Dokumentation Thomas Rudolph / 21.07.11 / tag
Quelle: http://www.thueringer-allgemeine.de
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TA: Beidseitiger Respekt
Gerald Müller schreibt vor dem Thüringenderby zwischen Rot-Weiß Erfurt und Carl Zeiss Jena über vier Männer und ein Anliegen.
Es ist sicherlich nicht davon auszugehen, dass sich Rainer Zipfel, Rolf Rombach, Heiko Weber und Stefan Emmerling künftig zum wöchentlichen Stammtisch oder zum Sonntagsbrunch in geselliger Runde treffen. Doch von Feindschaft war beim TA-Talk nichts zu spüren, auch wenn es wohl keine neuen Freundschaften geben wird.
Die vier Männer aus Erfurt und Jena hatten in Weimar ein Anliegen: Sich gegenseitig Respekt zu bekunden. Sie traten für Fairness im Umgang ein und mühten sich bei aller Rivalität, die Stimmung vor dem Thüringenderby keinesfalls explodieren zu lassen. Die zwei Präsidenten und die zwei Trainer schüttelten sich die Hände, diskutierten lebendig, argumentierten gegeneinander, lachten gemeinsam und tranken zusammen ein Bier.
Vielleicht hat der Dialog auf neutralem Boden ja dazu beigetragen, dass sich die Atmosphäre zwischen dem FC Rot-Weiß und dem FC Carl Zeiss mehr denn je auf einer sachlichen Ebene befindet. Die würde sogar die Möglichkeit lassen, bei bestimmten Projekten künftig zusammenzuarbeiten, schließlich sind die Probleme - wie Stadionbau, Finanzen, Nachwuchs, Fan-Betreuung - ja auch identisch.
Und wenn die Vereinsoberen einen anständigen Umgang miteinander pflegen, dann kann das auch positive Auswirkungen auf die große Anhängerschaft haben. Es geht nicht darum, die Fan-Lager zu vereinen. Nein, Emotionen und Konkurrenz gehören zum Sport, auch außerhalb der Arenen. Doch eben nicht Beleidigungen - und sogar Randale.
Während die Voraussagen für das Derby erwartungsgemäß unterschiedlich ausgefallen sind, waren sich in dieser wichtigen Frage alle einig: Und das über den ersten Drittliga-Spieltag am Samstag hinaus.
Gerald Müller / 22.07.11 / TA
Quelle: http://www.thueringer-allgemeine.de
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TA: NOFV-Präsident tippt bei Thüringen-Derby auf Rot-Weiß-Sieg
NOFV-Präsident Rainer Milkoreit sieht mit dem Sparkurs bei Rot-Weiß und Jena die richtige Tendenz und tippt auf einen Rot-Weiß-Sieg beim Thüringen-Derby am Samstag.
Wer ist die Nummer 1 im Thüringer Fußball? Der FC Rot-Weiß oder Jena?
Nach der letzten Saison muss man sagen, dass Erfurt einen kleinen Vorteil hat. Aber das ist eine Momentaufnahme und kann sich schnell ändern.
Kann sich Thüringen zwei Drittligisten oder bei angestrebtem und gelungenem Aufstieg sogar zwei Zweitligisten im Profifußball leisten?
Ja, auch wenn die Rivalität zweifellos sehr extrem ist. Doch die Vereine sind in zwei Städten beheimatet mit einer großen Wirtschaftskraft, wobei Jena dabei sogar noch stärker erscheint. Doch ein Klub aus der Landeshauptstadt muss den Anspruch haben, im bezahlten Fußball vertreten zu sein.
Beide Klubs haben das Ziel, demnächst in die 2. Liga aufzusteigen. Welche Fehler müssen dafür vermieden werden?
Man darf sich ökonomisch nicht übernehmen - bei allen Problemen, die ein längerer Aufenthalt in der 3. Liga durchaus bringen könnte. Die Finanzen müssen stimmen, man sollte in einem gut funktionierenden Gesamtgefüge solide wirtschaften und beim Streben nach Erfolg nicht auf das Glück vertrauen. Und es ist sicher ratsam, auf junge, hungrige Spieler zu setzen. Der Nachwuchsarbeit muss deshalb viel Raum und Zeit gewidmet werden.
Sie sind auch Vizepräsident des DFB. Was kann der mächtige und reiche Verband tun, um die Drittliga-Vereine, die fast durchgängig über die Finanzlage klagen, zu helfen?
Ich denke, das ist ziemlich ausgereizt. Die Vereine bekommen ja immerhin rund 800.000 Euro an Fernsehgeldern.
Die Zweitliga-Vereine erhalten über vier Millionen.
Aber sie sind unter dem Dach der Deutschen Fußball-Liga reine Profi-Klubs. Die Drittliga-Vereine haben noch mehr eine Selbstverantwortung. Deshalb finde ich die Tendenz in Erfurt und Jena richtig: den Etat abspecken und sich nur das leisten, was man kann.
Wie wichtig sind denn für Erfurt und Jena die geplanten neuen Stadien beim angestrebten Weg nach oben?
Sie sind ein enormer Anreiz, erst recht, wenn man schon zehn Jahre darauf gehofft und gewartet hat. Sie können auf jeden Fall motivierend wirken und über den Sport hinaus neue Möglichkeiten bieten. Andererserseits sind Neubauten noch keine Garantie für sportlichen Erfolg. Das haben die Beispiele von Leipzig oder Magdeburg hinreichend gezeigt.
Sowohl Erfurt als auch Jena haben in der Vergangenheit immer wieder mit Fan-Ausschreitungen zu kämpfen gehabt. Können neue Arenen dem entgegenwirken?
Es ist dann bestimmt leichter, diese Problematik in den Griff zu kriegen. Doch die teilweise schlimmen Auswüchse der Szene spielen sich ja immer mehr auch außerhalb der Stadien ab. Die Verantwortlichen der Vereine müssen versuchen, noch mehr als früher, auf die Fans zuzugehen und den Dialog mit ihnen zu suchen.
Fünf Klubs aus dem Osten spielen in der aktuellen Saison in der zweiten Bundesliga. Ist das Tal der Tränen durchschritten?
Als ich vor einem Dreivierteljahr als Präsident des Nordostdeutschen Fußballverbandes angetreten bin, wurden Untergangsszenarien beschworen. Jetzt sieht das alles ganz anders aus. Doch auch das ist nur eine Momentaufnahme. Fest steht aber: Der Ost-Fußball lebt und er ist unverzichtbar für gutklassigen Fußball in Deutschland.
Für wen schlägt persönlich Ihr Herz in Thüringen? Für Erfurt oder Jena?
Ich leide und jubele mit beiden gleichermaßen.
Wer gewinnt das ThüringenDerby am Samstag?
Ich tippe 2:1.
Und wer steht am Ende der Saison vorn?
Ich glaube schon, dass Rot-Weiß derzeit die etwas besseren Voraussetzungen hat.
22.07.11 / TA
Quelle: http://www.thueringer-allgemeine.de