„ Goldener Herbst „
Der Herbst ist die Jahreszeit der Ernte – wenn sich das Jahr dem Ende entgegen neigt.
Die Früchte harter Arbeit werden eingefahren – meist unter den letzten wärmenden Strahlen der Sonne , dem „ Goldenen Herbst „ .
Vor einem Jahr zur selben Zeit - 2012 - war es eher so, das bei Rot Weiß Erfurt fast nur faule Pflaumen vom Baum fielen.
Ein Jahr später – 2013 – scheint es in der Tat ein „ Goldener Herbst „ zu sein.
Bester Saisonstart des Vereines in seiner Drittligageschichte. Der Trainer Walter Kogler wird über das Internetmagazin „Liga3.online“ zum Trainer des Monats September gewählt. Sein Schützling Aykut Öztürk widerfährt dieselbe Ehre als „ Spieler des Monats „ im September.
Der erst 20-jährige Torwart Philipp Klewin landet im Rahmen des DFB in einer Umfrage ebenfalls auf Platz 1 im September.
Mit Kevin Möhwald wird erstmals wieder ein Erfurter Spieler in eine DFB – Auswahl eingeladen – seit Tom Bertram 2005, Carsten Kammlott 2010 und Johannes Bergmann 2012, der nach seiner schweren Verletzung jedoch um Anschluss ringt. Davor waren es letztmals mit Engelhardt und Fritz Erfurter Spieler , die ein deutsches Trikot überstreiften – allerdings spielten sie da schon lange nicht mehr für den Heimatverein. Und der letzte Erfurter Spieler, der ansonsten noch ein Auswahltrikot tragen durfte, war 2010 Albert Bunjaku, der es unter Otmar Hitzfeld für die Schweiz sogar zur WM in Südafrika schaffte. Nachdem er für gutes Geld zum 1.FC Nürnberg gewechselt war 2009.
Das ein anderes schon genanntes vielversprechendes Talent mit ehemals selben Ambitionen und Berufungen seit gut 4 Jahren in der Regionalliga und jetzt Liga 3 für viel Geld eher seinen Vertrag aussitzt, bekam der Finanzlage von RWE sicher nicht schlecht. Zum Kicken und Wohlfühlen scheint jedoch mehr zu gehören als „gutes Geld“.
Was ist innerhalb von nur 12 Monaten Gravierendes geschehen, das sportlich solch Entwicklung vollzogen wurde und man zu dieser Momentaufnahme kommt ?
Die entscheidende Zäsur gab es wohl im Herbst/Winter 2012.
Der Vorstand korrigierte endlich erhebliche Fehler in der Aufstellung und Ausrichtung des Vereines aus den vorhergehenden Jahren.
Die wichtigste Entscheidung war die Besetzung eines hauptamtlichen Sportvorstandes mit der Personalie Alfred Hörtnagl.
Auch die Deklaration der „Mission 2016“ stoppte die selbstzerstörerischen Aussagen zu Saisonzielen, die letztlich immer wieder verfehlt wurden und viel Porzellan zerschlugen in den 2-3 Jahren vorher. Das kostete Ansehen und Vertrauen bei den Fans und im Umfeld.
Endlich wurde im Vorstand eine klare Trennung vollzogen zwischen den Kernkompetenzen Sport und Wirtschaft/Finanzen. Hörtnagl ist für Sport verantwortlich , Kalt und Rombach fürs Geld.
Das Vakuum in der Führung des sportlichen Bereiches nach der Trennung von Manager Beutel und dem Desaster um Trainer/Sportdirektor Hörgl und dem nachfolgenden Manager“novizen“ Traub war einfach zu groß. Das es teilweise kaschiert wurde, hat wohl eher etwas mit Qualitäten und Charisma des nachfolgenden Trainers Emmerling zu tun, der letztendlich jedoch an seinen Gewohnheiten gescheitert sein dürfte, weil das Leistungsprinzip eher immer weniger zur Geltung kam und auch die Mischung der Mannschaft nicht mehr stimmte.
Nun also Alfred Hörtnagl -anfangs eher skeptisch beäugt von vielen Fans und dem Umfeld – zu viele hatten in dieser bzw. der Managerfunktion bei RWE seit 1991 schon „kanzlermäßig“ von zukünftigen „blühenden Landschaften „ erzählt – kamen seine ersten klaren und geradlinigen Ansagen durchaus an. Reputation und fachliches Knowhow brachte er genügend mit. Und – er arbeitet ruhig und unbeeindruckt ohne große Geräusche hinter den Kulissen.
Eine klare Handschrift war erstmals erkennbar, als er in der Sommerpause den Spielerkader wieder einmal kräftig durchschüttelte und die Trainerstelle neu besetzte.
Sportlich sicher keine Schlechten, trennte er sich von Spielern, die seinen Vorgaben von charakterlicher Stärke wohl eher weniger entsprachen und zu manchen Turbulenzen der vergangenen Saison beitrugen.
Die Neuverpflichtungen schlugen ein, wurden Stammspieler, prägen die derzeitige Mannschaft besonders durch ihren sportlichen Ehrgeiz. Prägnantes Beispiel dafür ist wohl Simon Brandstätter. Andere Totgeglaubte – stellvertretend sei Mijo Tunjic genannt -blühen seitdem wieder auf.
Der Trainer Walter Kogler hat sich auf eine klare Spielphilosophie festgelegt, die den Spaß am Zuschauen wieder aufkommen lässt. Mit Ausnahme des Spieles gegen den MSV Duisburg gab es eigentlich kein Spiel, in dem die Mannschaft sportlich klar unterlegen war oder so einbrach, wie das in der vergangenen Saison noch häufig der Fall war.
In den letzten Wochen ist fast jedes Spiel wegen der ungeahnten Tabellenhöhen ein Spitzenspiel für den Verein – ob auswärts in Münster oder beim Kunstprodukt Leipzig. Oder daheim gegen Duisburg, Wehen-Wiesbaden, Osnabrück. Und mit Heidenheim und Darmstadt 98 haben wir im Herbst noch einige vor der Brust.
Die Mannschaft zeigte in der Mehrzahl der Spiele wieder den Spaß am Fußball und die Fähigkeit, auch „Höhenluft „ zu vertragen und diesen Gegnern zu zeigen – mit Rot Weiß Erfurt muss man rechnen.
Als einen weiteren Grund sieht der geneigte Betrachter auch die Besetzung weiterer Planstellen. Gerade die Personalie Christian Preußer geht bei vielen wohl eher unter. Er ist es, unter dessen Fittichen als Leiter Nachwuchszentrum und A-Juniorentrainer die „ jungen Wilden „ großgezogen wurden und nun hoffentlich verstärkt nach oben drängen – Kevin Möhwald, Patrick Göbel, Johannes Bergmann, Jonas Nietfeld, Sebastian Stolze seien stellvertretend genannt. Besser kann man die Verzahnung von Junioren zu den Männern wohl nicht besetzen – in Christian Preußer haben die „jungen Wilden „ ihren Ziehvater auch in der Ersten an der Seite. Auch Norman Loose als Co-Trainer und Chef der A-Junioren kommt für die Zukunft dieselbe Bedeutung zu.
Dem Betrachter dünkt, das im Triumvirat Hörtnagl/ Kogler/ Preußer/ Loose eine Sprache gesprochen wird und man über Fußball eine Meinung hat. Gut so.
Die ausgerufene „ Mission 2016 „ zeitigt uns also erste schöne Momentaufnahmen im „ Goldenen Herbst“. Mehr ist es derzeit nicht.
Das es kein „ frostiger Winter „ wird, man bei kommenden Minusgraden eher Erwärmendes betrachten kann, dafür wird die sportliche Leitung alles tun.
Die Spieler sind weiter in der Pflicht, in Training und Wettkampf Vollgas zu geben, sich zu einem echten Team zusammenzuraufen. Da darf es keine Rolle spielen, wer spielt und wer nicht. Nur das Team und dessen sportlicher Erfolg kann für alle die klare Prämisse sein – unabhängig von Namen und Ansehen.
Da sollte auch kein Boulevard einen Keil hineintreiben können, wenn ein angeblicher Konflikt zwischen Trainer und Capitano konstruiert wird. Auch wenn dieser mal auf der Bank sitzt.
Jeff Kornetzky ist dafür ein sehr prägnantes Beispiel. Hinter Klewin die Nummer 2- jedoch immer der mannschaftsinterne Motivator und GuteLaune-Macher – beobachtet ihn einmal rund um ein Spiel und sein Auftreten rund um das Team.
Und so sollten wir als Fans weiter unsere Treue halten – in guten wie in schlechten Zeiten, wie wir es stets singen. Es werden auch Tage kommen, die weniger schön werden und unserer Begeisterung etwas Abbruch tun. Aber es geht weiter, immer weiter – wie der große „ King „ Kahn es immer sagte.
Lasst Euch nicht verrückt machen von Schlagzeilen, ob RWE Platz 2 nicht will, wie unlängst geschehen.
Am Ende werden die Kartoffeln gezählt – vielleicht haben wir dann im Frühjahr ein volles Blühen in den Augen – weil wir einen einstelligen Tabellenplatz geschafft haben und endlich nach 5 Jahren wieder DFB-Pokal spielen als Landespokalsieger.
Weil etwas passiert ist – beständig, sich allmählich entwickelnd. Und der „Goldene Herbst „ genutzt wurde.
Rotweiße Grüße
Euer Tribünenhocker