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30.04.2010
TA: Motters Motto: Auf leisen Sohlen

Er gehört in seinem Amt zu den Dienstältesten in Fußball-Deutschland. Seit 1983 kümmert sich Heinz Motter beim FC Rot-Weiß um die Schiedsrichter - und ist sich sicher: "Eine gute Betreuung kann Punkte bringen."

Erfurt. Nur gut, dass die Erfurter heute gegen Burghausen ihr letztes Saison-Heimspiel haben (18 Uhr). So hat Heinz Motter morgen genügend Zeit für die Familie. Man wird ja nur einmal 75.

Wäre das Spiel am Samstag, müssten seine Lieben wohl bis zum Abend ohne ihn auskommen. Fußball geht vor. In den 27 Jahren, in denen sich Motter im Schatten der Schiedsrichter bewegt, hat er nie gefehlt. Von einem längeren Krankenhaus-Aufenthalt einmal abgesehen.

Der Mann mit dem auffallend weißen Haar hat viele Trainer, noch mehr Spieler, aber vor allem Schiedsrichter erlebt. Von Eschweiler bis Kirschen, Heynemann bis Fandel die Stars der Pfeifen-Szene, er kennt sie alle. Einige sind im Laufe der Jahre zu Freunden geworden. Und das, obwohl Motter selbst nie gepfiffen hat; quasi ein Quereinsteiger in diese spezielle Gilde ist.

Heute hat er seinen 532. Einsatz. Jeder ist handschriftlich auf teilweise schon vergilbten A-4-Seiten vermerkt; jede Spielklasse mit einer anderen Farbe. So akkurat, wie der Rentner stets gekleidet ist, so korrekt ist seine Buchführung. Nachschauen muss er nur selten. Wichtige Daten und Spielergebnisse hat er im Kopf.

Im Zuge des jüngsten Skandals kamen ihm zwei Partien in den Sinn: das DFB-Pokalspiel zwischen Rot-Weiß und Schalke im August 1991 (2:1) geleitet von Manfred Amerell; sowie Michael Kempters Profidebüt im September 2004 beim Zweitliga-Duell von Erfurt und Ahlen (1:1). Als Beobachter fungierte damals pikanterweise Amerell. Nie dauerte die Auswertung nach einem Spiel länger. "Es war nach Mitternacht", sagt Motter und lässt keine Hintergedanken aufkommen: "Die waren zu viert."

Es ist zu spüren, wie sehr ihm die Schiedsrichter-Affären um Robert Hoyzer und Amerell nahegehen. Weil er großen Respekt vor deren Amt hat und dies gern mit kleinen Gesten unterstreicht. So gehört das gemeinsame Essen am Vorabend des Spiels ebenso zur Betreuung wie die Beförderung ins Stadion oder ein Thüringer Präsent. Einen Versuch der Einflussnahme sieht Motter darin nicht: "Ein Zwiebelzopf aus Weimar oder ein Weihnachtsstollen können doch keine Bestechung sein." Zumal sie nach dem Abpfiff überreicht werden.

Trotzdem weiß er um die Bedeutung seiner Aufgabe: "Je wohler sich die Schiedsrichter in Erfurt fühlen, desto besser für die Mannschaft", sagt Motter. Das bringe indirekt den einen oder anderen Punkt mehr pro Saison. Und das freut natürlich auch ihn. Seit den Fünfzigern fiebert er mit dem Erfurter Klub. Zumeist im Stillen. Lässt er die Schiedsrichter ins Stadion, bleibt der Fan in ihm draußen. "Die Schiris merken schnell, wem sie vertrauen können und wem nicht", sagt er. Kritik an der Leistung sei ebenso tabu wie Bespitzelung. "Was in der Kabine besprochen wird, geht niemanden etwas an."

Ohnehin hält sich Heinz Motter vornehm zurück. Zwar wird er auch heute dafür sorgen, dass es den Referees an nichts fehlen wird. Aber das geschieht auf leisen Sohlen. In der halben Stunde vor dem Spiel brauchen die drei Männer ihre Ruhe. Motter wacht vor der Tür.

"Es ist das größte Lob, wenn Schiedsrichter zu mir sagen, die Betreuung in Erfurt habe Bundesliga-Niveau", sagt er. Die Bestätigung dessen spornt ihn an. Nur einmal, in der Nachwendezeit, gab es eine Phase, in der er ans Aufhören gedacht hat. "Da ärgerte mich die Arroganz der West-Schiedsrichter maßlos. Erst wunderten sie sich, dass unser Rasen grün war. Dann behandelten sie mich wie einen Laufburschen ohne Respekt", sagt Motter. Doch dies habe sich nach drei, vier Spielen gegeben. Und der Spaß kehrte zurück.

Erst recht, als er eine junge Frau zu Freudentränen rührte. Weil Deutschlands beste Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus kurz vor ihrer Premiere in Erfurt im März 2009 ihren 30. Geburtstag beging, besorgte Motter rote Rosen und Pralinen und sang der Jubilarin ein Ständchen. Manche Dinge sind ihm Herzenssache.

Und wie lange will er noch für die Referees, die mittlerweile seine Enkel sein könnten, da sein? "Mal sehen. Ein, zwei Jahre vielleicht", sagt Motter und streicht seine A-4-Blätter glatt. Auf dem obersten sind noch Zeilen leer.

Marco Alles / 30.04.10 / TA

Quelle: http://www.thueringer-allgemeine.de
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Passauer Neue Presse: Burghausen: Letzte Reise mit letztem Aufgebot
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