TA: Rot-Weiß zeigt keine Häme
Großes Müll-Aufräumen im Abbe-Sportfeld. Carl Zeiss Jena und Dynamo Dresden müssen derweil bis Mittwoch 12 Uhr mittags ihre Stellungnahmen beim DFB in Frankfurt einreichen und zittern vor möglichen Geisterspiel- und Punktabzugsstrafen - so sieht der Katzenjammer nach den heftigen Krawallen beim 0:0-Traditionsderby aus. Doch der Erfurter Drittliga-Riva-le zeigt keinerlei Häme.
JENA/ERFURT. "Ich war geschockt von dem, was ich im Fernsehen gesehen habe, hege aber kein Gefühl von Schadenfreude - nächste Woche könnte es auch uns wieder treffen", sagte Rot-Weiß-Präsident Rolf Rombach. Vor kurzem wurde sein Verein zu einem Geisterspiel verurteilt, weil Krakeeler im Derby gegen Zeiss antisemitische Parolen ("Juden-Jena) gerufen hatten. Dass nun schon wieder Ausschreitungen passierten, sollte laut Rombach zu denken geben. "Offenbar hat so eine Spielstrafe nicht das richtige Abschreckungspotenzial." Man sollte viel mehr Wert auf das Identifizieren der Schuldigen und nachfolgend auf harte Stadionverbote legen.
Übrigens: Jena erhielt - obwohl Anhänger einen riesigen Rot-Weiß-Fanschalteppich in Brand setzten und 14 000 Euro Schaden verursachten - keinerlei Strafe nach dem Derby. "Für mich absolut nicht nachvollziehbar", so Rombach. Auch dass Lok Leipzig nach Juden-Jena-Rufen gegen Zeiss II nur zu einem Spiel mit maximal 1500 Fans verurteilt wurde, ist für ihn "ein ungleiches Strafmaß".
Diesmal wird Carl Zeiss nicht drumherumkommen. "Es wird wohl eine Strafe geben", glaubt Zeiss-Vorstandsmitglied Andreas Wiese schon jetzt. Denn zehn Jenaer Anhänger, die von der Haupttribüne in den Innenraum sprangen, trugen neben den Pyrotechnik-Sprengkörpern im Dynamo-Fanblock zur zehnminütigen Spielunterbrechung bei.
Referee Lutz Wagner (Hofheim) reichte gestern seinen Sonderbericht in der Frankfurter Zentrale ein, DFB-Sicherheitschef Helmut Spahn leitete seinigen an den ermittelnden Kontrollausschuss weiter. Zwar ist damit noch kein Verfahren eröffnet. Aber nun sind bis morgen die Vereine mit ihren Berichten am Zuge. Bis dahin hält sich der DFB bedeckt.
Auch die Polizei ermittelt - konkret gegen die Rowdies auf beiden Seiten: "Wir werten das Videomaterial aus. Ich gehe davon aus, dass noch eine ganze Reihe von Straftaten festgestellt wird", sagte Jenas Polizei-Sprecher Matthias Haupt. Die Auswertung soll im Laufe der Woche abgeschlossen werden. Insgesamt wurden sieben Personen, allesamt Dynamo-Anhänger, in Gewahrsam genommen und wieder freigelassen. Haupt spricht von acht Leichtverletzten, davon vier Polizisten. Und wer waren die zehn Jenaer Chaoten? "Nachdem, was wir bisher gesehen haben, keine bekannten Köpfe der Hool-Szene", sagt Jenas Fanprojekt-Leiter Matthias Stein, der "wütend ist, dass ein paar Durchgedrehte die vielen Sondermaßnahmen, die wir getroffen haben, und die über 12 000 disziplinierten Fans in den Schatten stellen". Auch Andreas Wiese, im Jenaer Verein für die Sicherheit im Dresden-Spiel zuständig, glaubt, "alles nur Mögliche im Vorfeld getan" zu haben. Allerdings: Wiese hatte auch im Thüringenderby die Zahl der Erfurter Krakeeler mit 400/500 weit übertrieben. Der Rechtsanwalt verweist auf ein großes neues Fangnetz seitlich des Gästefanblocks, die Sicherheitsblenden beim Anmarschweg am Saale-Ufer und das auf insgesamt rund 240 Ordnungskräfte aufgestockte Aufgebot. "Das hat uns ein paar Tausend Euro gekostet", betont er. Der DFB-Beobachter habe es ihm gegenüber auch gewürdigt. Allerdings auch angemahnt, dass der bauliche Zustand des Abbe-Sportfeldes der Sicherheit Grenzen setze. Der Gäste-Block liegt nun mal zwischen der Jenaer-Harcore-Stehplatz-Fankurve und Haupttribüne eingezwängt und kann nicht verlegt werden. Bereits bei anderen Spielen gab es Probleme, die aber sich bislang nicht so gravierend auswirkten.
Einen kritischen Seitenhieb verteilt Wiese an die beauftragte Security-Firma b.a.u. - die habe im Falle der sich auf der Tartanbahn in Szene setzenden Jenaer Chaoten "wohl doch relativ spät reagiert. Da war ja unser Trainer René van Eck, der beruhigen wollte, schneller zur Stelle". Es müsse geklärt werden, warum Dresdner so viel Pyrotechnik in den Block schmuggeln konnten. "Vielleicht ist der Einlass ja kurzzeitig gestürmt wurden", vermutet Wiese. Tja, und im Problem um das kinderleicht aufgetretene Gästeblock-Tor müsse man dringend noch einmal mit der Stadt als Stadioneigentümer sprechen.
Wiese wird zudem juristisch die beiden verletzten Jenaer Fans vertreten, die Schnittwunden erlitten, als Dynamo-Spieler Michael Kügler ein Plastiktafel in die Traversen schleuderte. Gestern gab der Dresdner die Tat zu.
Matthias Stein bemerkt zudem: "Im Vorfeld war der Verein Dynamo bei der Zusammenarbeit nicht sonderlich kooperativ". Klar, mit dem Dresdner Fanprojekt habe man durch das U-16- und Fanspiel vor dem eigentlichen Anpfiff viel zur Entspannung getan. Aber der Dynamo-Club selbst hätte zum Beispiel das Angebot, den eigenen Stadionsprecher zur Beruhigung der Anhänger nach Jena mitreisen und da auch reden zu lassen, nicht reagiert. Und die nur acht mitgereisten Dresdner Ordner hätten nach seinem Eindruck auch nicht überzeugt. "Mal zum Vergleich: Union Berlin hatte 20 Leute mit - und da war die Stimmung prompt besser. Da flogen am Ende Konfetti-Schnipsel anstatt Böller." Stein, dessen Fanprojekt bundesweit als vorbildlich gilt, sieht die Krawall-Bilanz "vor allem als einen Rückschritt für Dynamo, das ja letztlich von uns lernen wollte. Aber es ist auch in Jena damit einiges kaputtgemacht worden." KOMMENTAR
20.10.2008 Von Michael VOSS
Quelle: http://www.thueringer-allgemeine.de
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TA: Kommentar: Vereint
Die Schadenfreude bei den Verantwortlichen des FC Rot-Weiß ist ausgeblieben. Und das ist gut so. Wohl wissend, dass dem eigenen Club ähnliche Vorfälle wie in Jena schon am Wochenende selbst widerfahren können. Trotz weitreichender Vorkehrungen.
Fast alle Vereine der 3. Liga eint ein Problem: Ihre Stadien haben nicht einen solch hohen Sicherheitsstandard wie sie in der Bundesliga und auch in der 2. Liga üblich sind. Damit ist langfristig höherklassiger Fußball kaum realisierbar. Und auch deshalb macht sich der DFB immer wieder für neue Arenen stark. Unlängst erst durch Präsident Theo Zwanziger bei seiner Reise durch ostdeutsche Städte.
Leipzig und Magdeburg haben mittlerweile ein neues Stadion, in Dresden entsteht eines, in Erfurt wird darüber diskutiert, in Jena ist das ebenfalls ein Thema. Doch, dass Ausschreitungen in der 3. Liga nicht nur im Osten Deutschlands passieren, hat das Derby zwischen den Stuttgarter Kickers und dem VfB II gezeigt. Auch da gab es eine vierminütige Unterbrechung. Das ist kein Trost. Aber es zeigt wie schwer das Problem von randalierenden Fans in den Griff zu kriegen ist. Unabhängig der geografischen Lage.
Und deshalb ist auf diesem Gebiet eine Zusammenarbeit der Vereine notwendig. Für Schadenfreude ist kein Platz.
20.10.2008 Von Gerald MÜLLER
Quelle: http://www.thueringer-allgemeine.de
Großes Müll-Aufräumen im Abbe-Sportfeld. Carl Zeiss Jena und Dynamo Dresden müssen derweil bis Mittwoch 12 Uhr mittags ihre Stellungnahmen beim DFB in Frankfurt einreichen und zittern vor möglichen Geisterspiel- und Punktabzugsstrafen - so sieht der Katzenjammer nach den heftigen Krawallen beim 0:0-Traditionsderby aus. Doch der Erfurter Drittliga-Riva-le zeigt keinerlei Häme.
JENA/ERFURT. "Ich war geschockt von dem, was ich im Fernsehen gesehen habe, hege aber kein Gefühl von Schadenfreude - nächste Woche könnte es auch uns wieder treffen", sagte Rot-Weiß-Präsident Rolf Rombach. Vor kurzem wurde sein Verein zu einem Geisterspiel verurteilt, weil Krakeeler im Derby gegen Zeiss antisemitische Parolen ("Juden-Jena) gerufen hatten. Dass nun schon wieder Ausschreitungen passierten, sollte laut Rombach zu denken geben. "Offenbar hat so eine Spielstrafe nicht das richtige Abschreckungspotenzial." Man sollte viel mehr Wert auf das Identifizieren der Schuldigen und nachfolgend auf harte Stadionverbote legen.
Übrigens: Jena erhielt - obwohl Anhänger einen riesigen Rot-Weiß-Fanschalteppich in Brand setzten und 14 000 Euro Schaden verursachten - keinerlei Strafe nach dem Derby. "Für mich absolut nicht nachvollziehbar", so Rombach. Auch dass Lok Leipzig nach Juden-Jena-Rufen gegen Zeiss II nur zu einem Spiel mit maximal 1500 Fans verurteilt wurde, ist für ihn "ein ungleiches Strafmaß".
Diesmal wird Carl Zeiss nicht drumherumkommen. "Es wird wohl eine Strafe geben", glaubt Zeiss-Vorstandsmitglied Andreas Wiese schon jetzt. Denn zehn Jenaer Anhänger, die von der Haupttribüne in den Innenraum sprangen, trugen neben den Pyrotechnik-Sprengkörpern im Dynamo-Fanblock zur zehnminütigen Spielunterbrechung bei.
Referee Lutz Wagner (Hofheim) reichte gestern seinen Sonderbericht in der Frankfurter Zentrale ein, DFB-Sicherheitschef Helmut Spahn leitete seinigen an den ermittelnden Kontrollausschuss weiter. Zwar ist damit noch kein Verfahren eröffnet. Aber nun sind bis morgen die Vereine mit ihren Berichten am Zuge. Bis dahin hält sich der DFB bedeckt.
Auch die Polizei ermittelt - konkret gegen die Rowdies auf beiden Seiten: "Wir werten das Videomaterial aus. Ich gehe davon aus, dass noch eine ganze Reihe von Straftaten festgestellt wird", sagte Jenas Polizei-Sprecher Matthias Haupt. Die Auswertung soll im Laufe der Woche abgeschlossen werden. Insgesamt wurden sieben Personen, allesamt Dynamo-Anhänger, in Gewahrsam genommen und wieder freigelassen. Haupt spricht von acht Leichtverletzten, davon vier Polizisten. Und wer waren die zehn Jenaer Chaoten? "Nachdem, was wir bisher gesehen haben, keine bekannten Köpfe der Hool-Szene", sagt Jenas Fanprojekt-Leiter Matthias Stein, der "wütend ist, dass ein paar Durchgedrehte die vielen Sondermaßnahmen, die wir getroffen haben, und die über 12 000 disziplinierten Fans in den Schatten stellen". Auch Andreas Wiese, im Jenaer Verein für die Sicherheit im Dresden-Spiel zuständig, glaubt, "alles nur Mögliche im Vorfeld getan" zu haben. Allerdings: Wiese hatte auch im Thüringenderby die Zahl der Erfurter Krakeeler mit 400/500 weit übertrieben. Der Rechtsanwalt verweist auf ein großes neues Fangnetz seitlich des Gästefanblocks, die Sicherheitsblenden beim Anmarschweg am Saale-Ufer und das auf insgesamt rund 240 Ordnungskräfte aufgestockte Aufgebot. "Das hat uns ein paar Tausend Euro gekostet", betont er. Der DFB-Beobachter habe es ihm gegenüber auch gewürdigt. Allerdings auch angemahnt, dass der bauliche Zustand des Abbe-Sportfeldes der Sicherheit Grenzen setze. Der Gäste-Block liegt nun mal zwischen der Jenaer-Harcore-Stehplatz-Fankurve und Haupttribüne eingezwängt und kann nicht verlegt werden. Bereits bei anderen Spielen gab es Probleme, die aber sich bislang nicht so gravierend auswirkten.
Einen kritischen Seitenhieb verteilt Wiese an die beauftragte Security-Firma b.a.u. - die habe im Falle der sich auf der Tartanbahn in Szene setzenden Jenaer Chaoten "wohl doch relativ spät reagiert. Da war ja unser Trainer René van Eck, der beruhigen wollte, schneller zur Stelle". Es müsse geklärt werden, warum Dresdner so viel Pyrotechnik in den Block schmuggeln konnten. "Vielleicht ist der Einlass ja kurzzeitig gestürmt wurden", vermutet Wiese. Tja, und im Problem um das kinderleicht aufgetretene Gästeblock-Tor müsse man dringend noch einmal mit der Stadt als Stadioneigentümer sprechen.
Wiese wird zudem juristisch die beiden verletzten Jenaer Fans vertreten, die Schnittwunden erlitten, als Dynamo-Spieler Michael Kügler ein Plastiktafel in die Traversen schleuderte. Gestern gab der Dresdner die Tat zu.
Matthias Stein bemerkt zudem: "Im Vorfeld war der Verein Dynamo bei der Zusammenarbeit nicht sonderlich kooperativ". Klar, mit dem Dresdner Fanprojekt habe man durch das U-16- und Fanspiel vor dem eigentlichen Anpfiff viel zur Entspannung getan. Aber der Dynamo-Club selbst hätte zum Beispiel das Angebot, den eigenen Stadionsprecher zur Beruhigung der Anhänger nach Jena mitreisen und da auch reden zu lassen, nicht reagiert. Und die nur acht mitgereisten Dresdner Ordner hätten nach seinem Eindruck auch nicht überzeugt. "Mal zum Vergleich: Union Berlin hatte 20 Leute mit - und da war die Stimmung prompt besser. Da flogen am Ende Konfetti-Schnipsel anstatt Böller." Stein, dessen Fanprojekt bundesweit als vorbildlich gilt, sieht die Krawall-Bilanz "vor allem als einen Rückschritt für Dynamo, das ja letztlich von uns lernen wollte. Aber es ist auch in Jena damit einiges kaputtgemacht worden." KOMMENTAR
20.10.2008 Von Michael VOSS
Quelle: http://www.thueringer-allgemeine.de
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TA: Kommentar: Vereint
Die Schadenfreude bei den Verantwortlichen des FC Rot-Weiß ist ausgeblieben. Und das ist gut so. Wohl wissend, dass dem eigenen Club ähnliche Vorfälle wie in Jena schon am Wochenende selbst widerfahren können. Trotz weitreichender Vorkehrungen.
Fast alle Vereine der 3. Liga eint ein Problem: Ihre Stadien haben nicht einen solch hohen Sicherheitsstandard wie sie in der Bundesliga und auch in der 2. Liga üblich sind. Damit ist langfristig höherklassiger Fußball kaum realisierbar. Und auch deshalb macht sich der DFB immer wieder für neue Arenen stark. Unlängst erst durch Präsident Theo Zwanziger bei seiner Reise durch ostdeutsche Städte.
Leipzig und Magdeburg haben mittlerweile ein neues Stadion, in Dresden entsteht eines, in Erfurt wird darüber diskutiert, in Jena ist das ebenfalls ein Thema. Doch, dass Ausschreitungen in der 3. Liga nicht nur im Osten Deutschlands passieren, hat das Derby zwischen den Stuttgarter Kickers und dem VfB II gezeigt. Auch da gab es eine vierminütige Unterbrechung. Das ist kein Trost. Aber es zeigt wie schwer das Problem von randalierenden Fans in den Griff zu kriegen ist. Unabhängig der geografischen Lage.
Und deshalb ist auf diesem Gebiet eine Zusammenarbeit der Vereine notwendig. Für Schadenfreude ist kein Platz.
20.10.2008 Von Gerald MÜLLER
Quelle: http://www.thueringer-allgemeine.de