TA: Thüringen-Derby: Das ewig junge Duell
Zum 128. Mal treffen am Sonnabend, 14 Uhr, Jena und Erfurt aufeinander. Ein ewig junges Duell, in dem schon immer Brisanz steckte. Unsere Zeitung erinnert an Scharmützel und Anekdoten der Derby-Geschichte.
Erfurt. Bei "YouTube" ist die Sequenz ein Renner. Mehr als 20.000 Mal wurde jene Szene im größten Internet-Video-Portal aufgerufen, die wie keine veranschaulicht, wie viel Zündstoff ein Derby enthält. Gezeigt wird das rekordverdächtige Foul von Ronny Hebestreit an Torsten Ziegner - zwei Sekunden nach dem Anpfiff des Landespokal-Spieles 2005.
Von "Zeichen setzen" war später die Rede, von einer "Revanche" nach provozierenden Aussagen des Jenaers. Verletzt wurde dieser nach dem grenzwertigen Einsteigen des Erfurter Urgesteins glücklicherweise nicht. Auch leiser ist Ziegner danach nicht geworden. Schon im Jahr darauf heizte er die Stimmung vor dem erneuten Duell bewusst an: "Ich war nie Erfurter", hatte er zu seiner Zeit beim FC Rot-Weiß (2001 bis 2003) gesagt und damit die gegnerischen Anhänger auf die Palme gebracht.
Doch verbale Scharmützel neben dem Platz gehören genauso zur langen Derby-Geschichte wie Nickeligkeiten auf dem Rasen. Sie sorgen dafür, dass selbst Zugereiste schnell spüren, was für die Fans beider Lager auf dem Spiel steht: nämlich mehr als das Weiterkommen im Pokal oder drei Liga-Punkte. Wer das Spiel der Spiele im Thüringer Fußball für sich entscheidet, darf sich als Sieger feiern lassen - zumindest bis zum nächsten Vergleich.
Dirk Orlishausen kennt die Prioritäten in der Fanszene: "Es gibt nichts, was darüber steht", sagt der Rot-Weiß-Torhüter zur Wertigkeit des Derbys. 1999 stand er im Abbe-Sportfeld noch selbst in der Erfurter Kurve und sah ein 1:1. Auch an das "Nachspiel im Park" zwischen den verfeindeten Fangruppen kann er sich gut erinnern. "Hoffentlich bleibt es diesmal friedlich", sagt er. Entschieden werden sollte das Prestigeduell allein sportlich.
Auf dem Rasen ging es schon immer zur Sache. Erfurts Torjäger Jürgen Heun verweist auf die "harten Zweikämpfe" mit Konni Weise, sein früherer Sturmpartner Armin Romstedt "auf etliche Begegnungen" mit Lothar Kurbjuweit. Und Rüdiger Schnuphase, der einst die imaginäre Grenze bei Weimar überschritten und von Rot-Weiß zu Carl Zeiss gewechselt war, klingen noch heute die "Verräter"-Rufe im Ohr.
Mit dem Schlusspfiff waren die Konfrontationen nicht immer beendet. So sorgte ein Wasserwerfer-Einsatz der Jenaer Polizei im März 1999 für großen Ärger. Dabei hatten die Erfurter Fans nur etwa zehn Minuten den 1:0-Triumph gefeiert, statt sofort ihren Block zu verlassen. Das übertriebene Vorgehen begründete der damalige Einsatzleiter hinterher mit einer "polizeitaktischen Entscheidung" und erntete von allen Seiten Kopfschütteln. Das Goldene Tor hatte damals mit Stefan Treitl ausgerechnet ein gebürtiger Jenenser erzielt. Mittlerweile ist er aber zu seinen Wurzeln zurückgekehrt und arbeitet als Sportlicher Leiter des Nachwuchs-Leistungszentrums.
Obwohl beiderseits die Anzahl an einheimischen Akteuren abgenommen hat, geraten regelmäßig noch Spieler aneinander. So zog eine Tätlichkeit von Salvatore Amirante an Dennis Malura im Herbst 2009 die Rote Karte und den späteren Abflug des Zeiss-Stürmers nach sich. Auch mit Orlando Smeekes liefert sich Erfurts Verteidiger emotionsgeladene Duelle - wie beim 2:1 in der Liga und 1:2 n. V. im Pokal. Am Samstag muss Malura gelbgesperrt zuschauen. Aber ruhig wird der dritte Vergleich in dieser Saison sicher nicht verlaufen.
Marco Alles / 17.03.11 / TA
Quelle:
http://www.thueringer-allgemeine.de
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OTZ: Entgegen aller Rivalität
Der FC Carl Zeiss Jena sperrt einige Erfurter Fans zum Thüringenderby an diesem Sonnabend aus. Doch selbst Jenaer Anhänger protestieren dagegen.
Erfurt/Jena.So kreativ wie möglich, abwechslungsreich, bunt und laut. Ein starker Rückhalt der Mannschaft, unabhängig von Spielstand und Tabellensituation. So soll sie sein, die Fankurve. Gerade zum Derby, wenn es gegen den Erzfeind geht, so wie am Samstag im Duell zwischen den zwei Thüringer Fußball-Drittligisten FC Carl Zeiss Jena und Rot-Weiß Erfurt. Doch es soll anders kommen, wieder einmal. Diesmal sind 30 Erfurter ausgesperrt. Per Hausverbot, für dieses eine Spiel.
Materialbeschränkungen sind gang und gebe, gerade in sicherheitsrelevanten Spielen. Doch in diesen Hausverboten erkennen die Fans eine neue Qualität der Repression sie fürchten gar um ihre Fankultur. Jetzt solidarisieren sich die Ultras von Erfurt und Jena entgegen aller Rivalität, und kämpfen gemeinsam um ihr Derby. Es war das Spiel von den Zweitvertretungen von Jena und Halle. Mitte Januar, ein Testspiel in der Winterpause eben, eigentlich unbedeutend. Weil zwischen Erfurt und Halle eine lose Fanfreundschaft besteht, waren neben den Halleschen Fans auch 30 Erfurter da.
Jenas aktive Szene war derzeit in Kroatien die Ultras waren der ersten Mannschaft ins Trainingslager gefolgt. Ein bisschen Fangesänge, ein bisschen Pöbelei, dabei blieb es von Seiten der Gäste im Paradies aber auch, so die Selbstreflexion der Anhänger.
Gut einen Monat später gab es dennoch Post, mit unerfreulichem Inhalt: Hausverbot im Ernst-Abbe-Sportfeld, ausgesprochen für einen einzigen Tag, nämlich den des Derbys. Die Erteilung stünde im Zusammenhang mit dem Verhalten der Erfurter beim Testspiel FC Carl Zeiss Jena II gegen Halle II am 15.1. in Jena, heißt es da.
In Erfurt zeigt man sich ob dieser Begründung ratlos. "Verhalten? Welches Verhalten? Wie haben wir uns fehlverhalten?", fragt ein Vertreter der Erfordia Ultras. Keine Schubserei, keine Verhaftungen, keine Zündelei habe es gegeben, sagt er: "Hätte irgend jemand freigedreht, hätten wir uns nicht beschweren können. So aber haben wir uns nichts vorzuwerfen und stehen trotzdem draußen."
Auf Nachfrage spricht Jenas Geschäftsführer Roy Stapelfeld von einem Gefahrenpotenzial, was von den betroffenen Personen ausginge; der FC Carl Zeiss Jena habe dementsprechend lediglich von seinem Hausrecht gebraucht gemacht, als er die Hausverbote erteilte.
Auch die Jenaer Ultras von der Horda Azzuro können das nicht nachvollziehen. Sie haben versucht, mit ihrem Verein zu verhandeln. Geht es um die Fankultur, ist es ihnen gleich, wer im Gästeblock steht, ist alle Rivalität vergessen.
Einen Kompromiss, 15 der 30 unter Auflagen ins Stadion zu lassen, lehnte die Erfurter Gruppe ab, bleibt dem Spiel nun vollständig fern.
Entweder alle oder keiner, lautet die Devise.
Und es geht ja auch um den Derbysieg, der zuvorderst durch die Stimmung auf den Rängen und nicht sportlich auf dem Rasen entschieden wird. Auch das ist Teil der Ultramentalität: sich auf Augenhöhe begegnen wollen und den Wettbewerb um die Nummer eins in Thüringen zu gleichen Bedingungen austragen.
"Seit Jahren gab es keinen richtigen Zweikampf mehr", so ein Vertretermitglied der Jenaer Ultras. "Es wird sich in absehbarer Zeit wohl nicht ändern." Einer hat immer Heimspiel und einer auswärts Probleme wegen der Beschränkungen. Die Fans befürchten, dass es schlimmer wird. Die Hausverbote seien der erste Schritt dahin, sagen sie.
Die Ultras wünschen sich künftig mehr Fingerspitzengefühl ihrer Vereine in solch sensiblen Fragen. Sie wollen das Thema nicht ruhen lassen und an einer Lösung für die Zukunft arbeiten, wenn es sein muss auch gemeinsam entgegen aller Rivalität. Auch wenn es dann für das Thüringer Duell an diesem Sonnabend schon zu spät sein wird.
Anne Armbrecht / 17.03.11 / OTZ
Quelle:
http://www.otz.de
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OTZ: Großes Zuschauerinteresse für Thüringenderby
Für die Drittligisten-Begegnung zwischen dem FC Carl Zeiss Jena und dem FC Rot Weiß ERfurt am Samstag wurden schon 9500 Karten verkauft. Indes ist Zeiss-Trainer Wolfgang Frank angeschlagen.
Jena. Die Restkarten für das Thüringenderby werden knapp. Der FC Carl Zeiss hat 9500 Tickets abgesetzt, darunter 1300 an Erfurter Fans. Der Gästeblock ist ausverkauft. Für Jenaer Fans stehen noch 2500 Karten bereit.
"Der Vorverkauf läuft noch bis Samstag", sagte Vereinssprecher Andreas Trautmann. Tickets für Jena-Fans gibt es in den Ostthüringer Pressehäusern. Wer sich seine Karte vorab sichert, kann kostenlos mit den Jenaer Bussen und Straßenbahnen zum Spiel fahren - eine Anreisevariante, zu der Trautmann rät.
Die Parkplätze im Stadionbereich sind begrenzt. Die Fans des FC Carl Zeiss kommen nur über den Eingang an der Stadtrodaer Straße ins Abbe-Sportfeld.
Der Weg durch den Naturpark Paradies ist hingegen den Rot-Weißen vorbehalten. Deren Anreise gestaltet sich schwieriger als sonst. Wegen einer Softwareumstellung ruht der Bahnbetrieb im Erfurter Bahnhof. Der sonst übliche Sonderzug kann nicht rollen. "Wir hatten seit Jahresbeginn eine Spielverlegung angeregt", sagte Bahnsprecherin Änne Kliem. Der Deutsche Fußball-Bund lehnte schließlich mit Verweis auf die Fernsehrechte eine Verlegung ab. Die Bahn hofft, dass möglichst wenige Rot-Weiß-Fans den von ihr eingerichteten Schienenersatzverkehr nutzen, stattdessen auf die 13 Fanbusse des Erfurter Vereins ausweichen. Die rollen in Jena in der Kahlaischen Straße vor, die zeitweise für Autos und Straßenbahnen gesperrt wird, wie der Jenaer Nahverkehr mitteilte. Die Bahnen fahren daher alle über die Haltestelle Sportforum.
Die Stadiontore öffnen am Sonnabend um 12 Uhr. "Rechtzeitige Anreise ist ausdrücklich empfohlen", sagt Trautmann, der hofft, dass Trainer Wolfgang Frank beim Derby überhaupt auf der Bank sitzen kann. Den Coach plagt eine schwere Grippe, die Stimme versagt.
Tino Zippel / 16.03.11 / OTZ
Quelle:
http://www.otz.de