TLZ: Nach Emmerling-Schelte: Rot-Weiß hält am Pressechef fest
Wie weit dürfen Fußballanhänger gegen die eigene Mannschaft gehen? Spätestens seit Dienstagabend muss diese Frage erlaubt sein, als ein Teil der Zuschauer bei der Auswechslung von Marcel Reichwein nach 77 Minuten höhnisch Beifall klatschte.
Erfurt. Erfurts Angreifer muss schon seit längerem mit der Kritik von einigen wenigen im Steigerwaldstadion leben. Warum? Weil er im Vorjahr neben zwölf Toren noch acht Vorlagen zu Treffern gegeben hat und damit einer der Top-Scorer der dritten Liga war? Weil er in dieser Saison bislang an sechs der acht Toren direkt beteiligt war? Weil er laut Internetplattform transfermarkt.de mit einem Marktwert von 450 000 Euro der mit Abstand wertvollste Spieler des FC Rot-Weiß Erfurt ist?
Die Pfiffe und Pöbeleien einiger Zuschauer sind seit geraumer Zeit nicht nachzuvollziehen. Reichwein taten sie am Dienstag derart weh, dass er aus Wut die Plasteverkleidung der Spielerbank zertrat und heulend den Schlusspfiff erlebte.
Gestern versuchte Klubchef Rolf Rombach mehrfach den Stürmer telefonisch zu erreichen. Vergeblich. "Wir alle stehen hinter ihm", sagt Rombach, der auf TLZ-Anfrage die Reaktionen einiger Zuschauer auf das Schärfste verurteilte: "Auch wenn wir die Zuschauereinnahmen brauchen: Auf 'Fans' die das Stadion besuchen, um einen Spieler so respektlos zu behandeln wie gestern, kann ich verzichten. Die können in Zukunft zu Hause bleiben."
Dabei aber wurde zuletzt vor drei Wochen auf der klubeigenen Homepage die größte Stimmung gegen Marcel Reichwein verbreitet - vom Pressechef Wilfried Mohren in seinem wöchentlichen "Einwurf" höchstpersönlich. Am 29. August hatte Mohren gegen Reichwein gestichelt. Verwundert fragt er auf der RWE-Homepage unter anderen, "welches Band wohl Spieler und Trainer verbinde", dass sich Reichwein beständig in der Anfangself wiederfindet. Mohren forderte an anderer Stelle "eine schöpferische Pause", für den Erfurter Angreifer.
Schon in der Vorsaison verdarb es sich Mohren in einem "Einwurf" mit Kapitän Rudi Zedi, als er diesen hart kritisierte. Damals bekam der Pressechef noch die Rückendeckung Rombachs.
"Einmalig in Deutschland" und "ein brutaler Schlag gegen uns als Mannschaft und Trainer", nennt das Cheftrainer Stefan Emmerling, der den einstigen MDR-Sportchef Mohren für die Reaktionen der Zuschauer gegen seinen Stürmer mitverantwortlich macht: "Wir lassen uns das nicht länger gefallen."
Verständnis zeigte Rolf Rombach gestern für die Wutrede seines Trainers. "Der Ton macht die Musik", sagt der Klubchef auf TLZ-Anfrage zu Mohrens Kolumne, die er aber "nur bedingt" kritisiert: "Wilfried Mohren schreibt sie nicht als Pressesprecher, sondern als Kolumnist." Rombach zieht als Vergleich sogar Fußball-Ikone und FC Bayern-Ehrenpräsident Franz Beckenbauer heran, der schließlich auch in Zeitungskolumnen kritisch über seinen Verein äußern würde. Ein allerdings gewagter Vergleich.
Gestern führte Rombach Gespräche mit Mohren und Emmerling. "Freunde werden sie in diesem Leben wohl nicht mehr", vermutet der Klubchef, der an seinem Pressechef aber auch in Zukunft festhalten will .
Thomas Czekalla / 14.09.11 / TLZ
Quelle: http://www.tlz.de
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TLZ: Erfurter Spieler Smail Morabit von den Fans enttäuscht
Erneut zu den Besten gehörte am Dienstagabend in der Mannschaft von Rot-Weiß Erfurt Smail Morabit - und das nicht nur, weil der Angreifer das zwischenzeitliche 2:1 erzielt hatte. Unsere Zeitung sprach mit dem 23-Jährigen.
Smail, darf man gratulieren zum Punkt, oder ist die Enttäuschung groß, dass es mit dem Sieg nichts wurde?
Klar, am Ende können wir noch froh sein, dass es beim 2:2 blieb. Es war ein offenes Spiel mit vielen Chancen auf beiden Seiten. Insofern muss man auch mal mit einem Punkt leben können. Schade, dass wir zwei Mal nach unserer Führung gleich den Ausgleich bekommen haben.
War das Spiel in Bielefeld vor dem Anpfiff aus den Köpfen raus?
Auf jeden Fall. Es war ja gut, dass wir nicht viel Zeit hatten und heute wieder unsere bessere Seite zeigen konnten. Ich glaube, das ist uns teilweise gut gelungen. Immerhin, Wehen Wiesbaden gilt als Aufstiegsfavorit.
Was sagen Sie zu den Reaktionen einiger Zuschauer bei der Auswechslung von Marcel Reichwein?
Die kann ich überhaupt nicht verstehen! Marcel hat heute beide Tore vorbereitet, ist ein wichtiger Teil von uns. Wenn die Zuschauer ihn so mit Beifall beleidigen, beleidigen sie auch uns.
Am Sonntag steht das Spiel in Regensburg an ...
Man sieht, dass in dieser Liga jeder jeden schlagen kann. Wenn wir in Regensburg den Willen zeigen, den wir heute wieder gezeigt haben, dann sehe ich uns dort nicht als Verlierer.
Thomas Czekalla / 14.09.11 / TLZ
Quelle: http://www.tlz.de