TA: Torjubel wird immer mehr zu einer Inszenierung
Die Zeiten, als Fußballspieler sich bescheiden über ihre Treffer freuten, sind vorbei: Religiöse Überzeugungen, Liebeserklärungen und artistische Einlagen werden nach dem Torerfolg zelebriert. Einige Teams werden mehr durch ihre Jubel-Inszenierungen als Leistungen auf dem Platz populär.
Erfurt. Foul im Strafraum, Elfmeterpfiff, ein Spieler legt sich den Ball zurecht und verwandelt sicher. Dann dreht er nach links ab und reckt beide Arme zur Seite und wird von einem Mitspieler umarmt. Was danach geschieht, hat es dank des Internetportals You-tube mittlerweile als Angler-Torjubel zu großer Bekanntheit geschafft und den Männern des isländischen Zweitligisten UMF Stjarnan in der Netzgemeinde einen gewissen Kultstatus beschert.
Nach dem Elfmetertreffer von Halldor Orri Björnsson in der Verlängerung brechen sprichwörtlich alle Dämme. Björnsson wirft pantomimisch eine Angelrute aus, einer seiner Mitspieler zappelt am Boden in seine Richtung, als er ihn einholt. Dann nimmt er den "Fang" mit vier Mitspielern auf die Arme, ein "Fotograf" macht einen Schnappschuss des erfolgreichen Angelausfluges. Ende der Inszenierung.
Die Schauspieleinlagen der isländischen Kicker sind auch den Spielern des FC Rot-Weiß Erfurt bekannt. "Bei der Fahrt zu Auswärtsspielen surfen wir manchmal im Internet", sagt der lange verletzte Verteidiger Thomas Ströhl, der inzwischen wieder Anschluss gefunden hat. "Das Video der Isländer hat bei uns schon die Runde gemacht. Kann sein, dass wir nach einem Tor auch mal Ähnliches ausprobieren", sagt der 22-Jährige.
Ströhl selbst hatte bei seinem bisher einzigen Tor Freundin und Eltern auf außergewöhnliche Art Danke gesagt. Beim 3:0-Heimsieg gegen Dynamo Dresden im Oktober formte er nach seinem Freistoßtreffer zum 2:0 mit den Händen ein Herz und küsste sein Tattoo mit den Namen der Eltern. "Das war alles spontan", versichert Ströhl. "Ein festes Jubelritual befolge ich nicht. Möglich, dass ich bei meinem nächsten Treffer wieder das Gleiche mache. Aber das entscheide ich dann auf dem Platz."
Immer mehr scheint sich der Torjubel zu individualisieren. War etwa der ekstatische Tanz von Kameruns Fußball-Ikone Roger Milla um die Eckfahne bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1990 noch die Ausnahme, überbietet sich die heutige Fußballer-Generation mit spektakulären Jubel-Einlagen.
Miroslav Kloses Salto oder der kultige Roboter-Tanz von Englands hochgewachsenen Nationalspieler Peter Crouch zählen zu den extrovertierteren Formen. Aber auch für eher stille Glaubensbekenntnisse ist in den Sekunden nach dem Torerfolg Platz. In den letzten Jahren war das vor allem bei brasilianischen Bundesligaprofis immer wieder zu beobachten. Etwa beim ehemaligen Bayern- und heutigen Inter-Verteidiger Lucio, der nach Torerfolgen häufig sein Trikot nach oben zog, um ein T-Shirt mit dem Slogan I love Jesus zu präsentieren. Und um damit seinem Glauben an Gott Ausdruck zu verleihen. Eine Praxis, die mittlerweile aber nicht mehr erlaubt ist.
Genau wie andere Formen übertriebenen Torjubels wie das Klettern auf Zäune oder das Ausziehen des Trikots. Die Kriterien wurden dabei in den letzten Jahren immer weiter verschärft. Auch sollte der Jubel nicht zu viel Zeit in Anspruch nehmen. "Das Regelwerk gibt zwar keine Zeitgrenze vor, aber wenn sich zu lange ausgiebig gefreut wird, kann das wegen Zeitspiels eine Gelbe Karte zur Folge haben", erklärt Christiane Wenkel, einzige Thüringer Schiedsrichterin in der Frauen-Bundesliga.
Auf die meisten Fans wirken die Jubelorgien mancher Fußballspieler eher belustigend. Sie gehören aber zu diesem Spiel, das von Emotionen lebt, einfach dazu. Vielleicht packen auch die Rot-Weiß-Profis ja schon bald die Angelroute aus. Am Freitag 19 Uhr spielt der derzeitige Fünfte bei Kickers Offenbach, die mit ihrem neuem Trainer Thomas Gerstner den dritten Platz verteidigen wollen. Aber die Erfurter hätten große Lust auf eigenen Jubel . . .
Thomas Fritz / 02.03.11 / TA
Quelle: http://www.thueringer-allgemeine.de
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BILD: Boss Rombach denkt über Rücktritt nach
Die Zeiten, als Fußballspieler sich bescheiden über ihre Treffer freuten, sind vorbei: Religiöse Überzeugungen, Liebeserklärungen und artistische Einlagen werden nach dem Torerfolg zelebriert. Einige Teams werden mehr durch ihre Jubel-Inszenierungen als Leistungen auf dem Platz populär.
Erfurt. Foul im Strafraum, Elfmeterpfiff, ein Spieler legt sich den Ball zurecht und verwandelt sicher. Dann dreht er nach links ab und reckt beide Arme zur Seite und wird von einem Mitspieler umarmt. Was danach geschieht, hat es dank des Internetportals You-tube mittlerweile als Angler-Torjubel zu großer Bekanntheit geschafft und den Männern des isländischen Zweitligisten UMF Stjarnan in der Netzgemeinde einen gewissen Kultstatus beschert.
Nach dem Elfmetertreffer von Halldor Orri Björnsson in der Verlängerung brechen sprichwörtlich alle Dämme. Björnsson wirft pantomimisch eine Angelrute aus, einer seiner Mitspieler zappelt am Boden in seine Richtung, als er ihn einholt. Dann nimmt er den "Fang" mit vier Mitspielern auf die Arme, ein "Fotograf" macht einen Schnappschuss des erfolgreichen Angelausfluges. Ende der Inszenierung.
Die Schauspieleinlagen der isländischen Kicker sind auch den Spielern des FC Rot-Weiß Erfurt bekannt. "Bei der Fahrt zu Auswärtsspielen surfen wir manchmal im Internet", sagt der lange verletzte Verteidiger Thomas Ströhl, der inzwischen wieder Anschluss gefunden hat. "Das Video der Isländer hat bei uns schon die Runde gemacht. Kann sein, dass wir nach einem Tor auch mal Ähnliches ausprobieren", sagt der 22-Jährige.
Ströhl selbst hatte bei seinem bisher einzigen Tor Freundin und Eltern auf außergewöhnliche Art Danke gesagt. Beim 3:0-Heimsieg gegen Dynamo Dresden im Oktober formte er nach seinem Freistoßtreffer zum 2:0 mit den Händen ein Herz und küsste sein Tattoo mit den Namen der Eltern. "Das war alles spontan", versichert Ströhl. "Ein festes Jubelritual befolge ich nicht. Möglich, dass ich bei meinem nächsten Treffer wieder das Gleiche mache. Aber das entscheide ich dann auf dem Platz."
Immer mehr scheint sich der Torjubel zu individualisieren. War etwa der ekstatische Tanz von Kameruns Fußball-Ikone Roger Milla um die Eckfahne bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1990 noch die Ausnahme, überbietet sich die heutige Fußballer-Generation mit spektakulären Jubel-Einlagen.
Miroslav Kloses Salto oder der kultige Roboter-Tanz von Englands hochgewachsenen Nationalspieler Peter Crouch zählen zu den extrovertierteren Formen. Aber auch für eher stille Glaubensbekenntnisse ist in den Sekunden nach dem Torerfolg Platz. In den letzten Jahren war das vor allem bei brasilianischen Bundesligaprofis immer wieder zu beobachten. Etwa beim ehemaligen Bayern- und heutigen Inter-Verteidiger Lucio, der nach Torerfolgen häufig sein Trikot nach oben zog, um ein T-Shirt mit dem Slogan I love Jesus zu präsentieren. Und um damit seinem Glauben an Gott Ausdruck zu verleihen. Eine Praxis, die mittlerweile aber nicht mehr erlaubt ist.
Genau wie andere Formen übertriebenen Torjubels wie das Klettern auf Zäune oder das Ausziehen des Trikots. Die Kriterien wurden dabei in den letzten Jahren immer weiter verschärft. Auch sollte der Jubel nicht zu viel Zeit in Anspruch nehmen. "Das Regelwerk gibt zwar keine Zeitgrenze vor, aber wenn sich zu lange ausgiebig gefreut wird, kann das wegen Zeitspiels eine Gelbe Karte zur Folge haben", erklärt Christiane Wenkel, einzige Thüringer Schiedsrichterin in der Frauen-Bundesliga.
Auf die meisten Fans wirken die Jubelorgien mancher Fußballspieler eher belustigend. Sie gehören aber zu diesem Spiel, das von Emotionen lebt, einfach dazu. Vielleicht packen auch die Rot-Weiß-Profis ja schon bald die Angelroute aus. Am Freitag 19 Uhr spielt der derzeitige Fünfte bei Kickers Offenbach, die mit ihrem neuem Trainer Thomas Gerstner den dritten Platz verteidigen wollen. Aber die Erfurter hätten große Lust auf eigenen Jubel . . .
Thomas Fritz / 02.03.11 / TA
Quelle: http://www.thueringer-allgemeine.de
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BILD: Boss Rombach denkt über Rücktritt nach